#HierZucktDeinPrüfungsamt im Öffentlichen Recht in Kooperation mit RiVG Dr. David Stadermann
Moin! Heute geht es um zwei examensrelevante Urteile des Bundesgerichtshofs, jeweils vom 13.04.2023 (III ZR 17/22 und III ZR 215/21), die sich mit Stromkabeln in Kombination mit Staatshaftungsrecht und Verwaltungsprivatisierung auseinandersetzen, und damit Nischenthematiken in der Examensvorbereitung.
Was ist passiert?
Viele Leserinnen und Lesern kennen sicherlich den Stromkabelfall (BGHZ 29, 65). Mit Stromkabeln im öffentlich-rechtlichen Kontext hat sich der BGH in zwei Urteilen vom 13. April 2023 befasst. In beiden Fällen nahmen die Kläger einen Privaten auf Schadensersatz in Anspruch; im Verfahren III ZR 17/22 richtete sich die Klage eines Stromnetzbetreibers gegen ein Tiefbauunternehmen, das Leitplanken an einer Bundesstraße montierte und dabei Stromleitungen des Klägers beschädigte, im Verfahren III ZR 215/21 (für BGHZ vorgesehen) verlangte das klagende Asphaltmischwerk vom beklagten Tiefbauunternehmen Ersatz von Schäden, die infolge der Beschädigung eines Stromkabels entstanden sind. In beiden Fällen wurde die Beklagte zur Zahlung verurteilt.
Worum geht es?
Staatshaftungsrecht und Verwaltungsprivatisierung – zwei Randbereiche der Examensvorbereitung!
Warum solltest du dieses Thema bei der Vorbereitung berücksichtigen?
Die Urteile laden dazu ein, die Systematik der Staatshaftung im Allgemeinen und die Voraussetzungen der Amtshaftung im Besonderen zu wiederholen:
- Wichtig: Wenn § 839 BGB greift, sind die §§ 823 ff. BGB verdrängt. Denn der Staat tritt als Anspruchsgegner nach Art. 34 S. 1 GG – im Wege der befreienden Haftungsübernahme – an die Stelle des „Beamten“; eine persönliche Haftung des Amtsträgers gegenüber dem Geschädigten scheidet dann aus.
- Die Amtshaftung setzt u.a. voraus, dass ein „Beamter“ (im haftungsrechtlichen Sinn) gehandelt hat. Dies bestimmt sich nach st. Rspr. danach, ob (i) die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wird, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und (ii) zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss, wobei nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, also auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen ist.
- Was heißt das konkret? Auch Mitarbeiter eines privaten Unternehmens können insoweit „Beamte“ sein. Entweder als Beliehene, oder als Verwaltungshelfer.
- Im Bereich der Daseinsvorsorge kommt eine Haftung des Staates insbesondere dann in Betracht, wenn die übertragene Aufgabe einen engen Bezug zur Eingriffsverwaltung aufweist wie z.B. die Aufstellung eines Verkehrszeichens, wodurch eine Verkehrsregelung unmittelbar umgesetzt wird (BGH, Urt. v. 6.6.2019, III ZR 124/18). Bei Schutzplanken, die der passiven Verkehrssicherheit und nicht der Verkehrslenkung dienen, ist dies nicht der Fall. Hier tritt der hoheitliche Bezug nicht deutlich in den Vordergrund, so dass der Private nicht als bloßes „Werkzeug“ oder „Erfüllungsgehilfe“ gesehen werden kann.
- Und wo muss geklagt werden? Vor den Zivilgerichten (Art. 34 Satz 3 GG, § 40 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 VwGO, § 13 GVG), wobei die Landgerichte nach § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG streitwertunabhängig zuständig sind.
Und sonst?
Gerade in der mündlichen Prüfung kann das Staatshaftungsrecht dazu dienen, öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Fragestellungen miteinander zu verknüpfen. Darüber hinaus schaffen es staatshaftungsrechtliche Sachverhalte immer wieder in die Presse (etwa LG Köln, Urt. v. 24.10.2023, 5 O 195/22 zu den Olearius-Tagebücher).