Das Referendariat ist für viele eine spannende Zeit – endlich sitzt man nicht mehr (nur noch) in der Bibliothek, sondern wird mit echten Fällen konfrontiert. Man erlebt hautnah, wie Richter, Staatsanwälte und Anwälte aus der Praxis arbeiten, statt endlos viele Theorien zu lernen. Man, entwirft Schriftsätze, Klagen, Anklageschriften, Urteile, Beschlüsse und vieles mehr.
Wenn diese Zeit nach ca. 24 Monaten endet, stellt sich dann die Frage, wie es weitergeht: Welche Station hat mir am besten gefallen? Welches Rechtsgebiet liegt mir und soll es überhaupt ein klassisch juristischer Beruf sein?
In diesem Beitrag möchte ich dir mit Blick auf diese Fragen einen Rückblick auf meine Referendariatszeit geben: Was hat mir gut gefallen? Was war (gerade mit Blick auf die Pandemie) verbesserungswürdig? Lohnt sich das Referendariat überhaupt?
Der Beginn
Gerade zu Beginn meiner Referendariatszeit, die in Nordrhein-Westfalen mit der Zivilstation beginnt, fühlte ich mich regelrecht erschlagen. Vieles war neu, neben den Arbeitsgemeinschaften, die im Zivilrecht mindestens dreimal in der Woche stattfanden, musste ich auch Aufgaben für meine Einzelausbilderin bearbeiten. Natürlich war das viel, doch es hilft, wenn man sich bestenfalls bereits im Vorfeld nochmal mit der Materie auseinandergesetzt hat und gerade die Kenntnisse im Materiellen Recht – die im Referendariat vorausgesetzt werden – noch einmal eifrig wiederholt und Wissenslücken schließt. Die Arbeitsgemeinschaften sollen dir helfen, dich so gut wie möglich auf das Examen vorzubereiten.
Falls du jedoch das Gefühl hast, dass dies zu wenig ist oder du noch mehr Input brauchst, kannst du auch von den Seminaren Gebrauch machen, die von privaten Anbietern angeboten werden.
Es hilft außerdem, dich mit deinen Kollegen auszutauschen und ggf. zu beratschlagen.
Die Arbeitsgemeinschaften im Strafrecht und Verwaltungsrecht waren dann wesentlich weniger anstrengend. Auch hier galt es, regelmäßig Akten zu bearbeiten, zu Sitzungsdiensten zu erscheinen und Klausuren zu schreiben. Allerdings fanden die AGs nur noch 1 bis 2 mal die Woche statt, sodass man wesentlich mehr Zeit zum eigenständigen Lernen hatte.
Was hier von vielen Referendaren bemängelt wird, ist die mangelnde Fülle an Klausuren, die geschrieben werden. Oft wird die Wichtigkeit des Klausurenschreibens betont. Doch innerhalb der AG schreibt man dann doch nur 2 bis 3 Klausuren pro Rechtsgebiet. Ich habe dann noch zusätzlich bei externen Anbietern Klausurenkurse bestellt, was natürlich auch mit zusätzlichen Kosten verbunden war.
JurCase informiert:
Damit du dich während deiner Station intensiv auf deine Klausuren vorbereiten kannst, gibt es bei uns in der Kategorie #Gewusst nicht nur verschiedene Tipps und Tricks zum Klausuren schreiben an sich, sondern Beiträge zur aktuellen Rechtsprechung sowie zum formellen und materiellen Recht. Schau doch einmal hier vorbei.
Die Fortgeschrittenen–Arbeitsgemeinschaften
Die Fortgeschrittenen AGs finden etwa ab der Mitte des Referendariats statt. Ich kam in die Anwaltsstation – und da kam auch schon Corona! Ärgerlicherweise und zulasten der Ausbildung, fanden die Veranstaltungen nur noch vor dem PC statt. Der ein oder andere hat sich hierüber gefreut, denn so konnte man sich zumindest den Weg sparen. Allerdings ist es wichtig, den Unterricht auch aktiv mitgestalten zu können – und das kam während des Online–Unterrichts leider zu kurz! Auch für die AG-Leiter war dies eine erhebliche Umstellung. Das Internet fiel oftmals aus, der ein oder andere schaltete geistig während des sechsstündigen Starrens – verständlicherweise – geistig ab und ließ die Gedanken schweifen.
Alles in allem stellte die Pandemie für mich persönlich einen erheblichen Einschnitt in die Ausbildung dar. Auch das Schreiben von Klausuren unter Examensbedingungen war zu Hause nicht möglich. Doch die AG-Leiter taten ihr Bestes, uns auch unter diesen Bedingungen zu unterrichten. Auch waren diese offen für Vorschläge, wie man den Online Unterricht so effektiv wie möglich gestalten kann.
JurCase informiert:
Jesina hat bereits mit ihrem Beitrag Das Referendariat während der Pandemie ihre Erfahrungen geteilt. Hast du diesen Beitrag verpasst? Kein Problem, dann schau einfach jetzt rein. Natürlich kannst du auch weiterhin an der dort beigefügten Umfrage teilnehmen.
Die Examensphase
Keine Frage – vor dem Examen liegen die Nerven blank! Ich persönlich hatte einige schlaflose Nächte, es schwirrte mir immer wieder im Kopf rum, was ich noch lernen könnte, ich machte mir Gedanken darüber, was wohl vorkommen kann und lernte auch zwischen den Klausuren noch ordentlich das ein oder andere. Bestenfalls solltest du die freien Tage zwischen den Klausuren allerdings nutzen, um dich zu erholen! Leichter gesagt als getan, doch wenn du unausgeschlafen und panisch in eine Klausur gehst, dann hilft dir das leider nicht. Ruh dich aus oder mach einen ausgiebigen Spaziergang! Was ich in diesen knapp zwei Wochen unterschätzt habe, ist, wie sehr die Examensphase einen doch auch körperlich belasten kann. Bewegung hilft, den Kopf frei zu kriegen und auf andere Gedanken zu kommen. Nach dem Examen ist das Schlimmste dann vorbei, du kannst dich erstmal erholen und dich dann auf deine Wahlstation freuen. Die Wahlstation ist – je nachdem, wo du diese absolviert – entspannter, da du in dieser Phase nicht mehr auf das Examen hinarbeiten musst.
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Fazit
Das Referendariat war eine spannende, und doch auch anstrengende Zeit! Hätte ich die Möglichkeit, mit dem heutigen Kenntnisstand nochmal in das Referendariat zu gehen, so würde ich wahrscheinlich früher anfangen, das materielle Recht zu wiederholen. Was leider zu bemängeln ist, ist die doch niedrige Anzahl an Klausuren, die während der Zeit geschrieben werden. Auch sind die AG-Leiter bei der Korrektur der Klausuren bei weitem nicht so streng wie die Korrektoren im „richtigen“ Examen. Sei daher ehrlich zu dir selbst und verlass dich nicht allzu sehr auf die Arbeitsgemeinschaften und mach dich ggf. mit externen Kursen vertraut. Das Lernen in Kleingruppen ist zudem immer eine gute Sache, um dich auch auf Aktenvorträge vorzubereiten.
Auch ist zu sagen, dass das Referendariat mich persönlich nur bedingt auf die Arbeitswelt vorbereitet hat, was jedoch auch der Pandemie geschuldet ist. Mir war es nur begrenzt möglich, während der Anwaltsstation in der Kanzlei zu sein und den typischen Ablauf mitzuerleben.
Bleibt daher nur zu hoffen, dass sich die Lage möglichst schnell wieder normalisiert!
Allen, die sich noch im Referendariat befinden oder demnächst in dieses starten, wünsche ich viel Erfolg!