Mit diesen 5 Lerntipps und 5 Klausurtipps zum Erfolg!
Ein Gastbeitrag von Joshua N.
Du befindest dich gerade vor oder in der Examensvorbereitung für das Erste Staatsexamen und hast Zweifel, deine Zielnote zu erreichen? Dann ist dieser Beitrag das richtige für dich! Ich habe mein Examen mit einer zweistelligen Note absolvieren können und will dir dabei helfen, das für dich beste Ergebnis rauszuholen. Vorweg: Ich habe nicht bis in die Nacht gelernt, ich war auch kein großer Überflieger, sondern habe nur strukturiert und kontinuierlich das gelernt, worauf es wirklich ankommt. In diesem Beitrag will ich dir gerne 5 Lern- und 5 Klausurtipps mitgeben, damit auch du möglichst stressfrei die Vorbereitung überstehst und dein Ziel erreichen kannst.
A. Lerntipps
1. Wie baue ich Systemverständnis auf?
Egal ob Uni-Rep oder kommerzielle Examensvorbereitung, es wird mit Fällen gelernt. Das ist auch wichtig! Allerdings ist hier die Versuchung groß, sich zu sehr im Detail zu verlieren. Deswegen rate ich dir, „nur“ zu versuchen die Rep-Fälle zu verstehen. Lerne nicht den Lösungsweg, die Argumente und erst recht nicht die Ergebnisse auswendig! Stattdessen solltest du versuchen, die hintergründlichen Themengebiete mit Skripten oder Lehrbüchern zu verinnerlichen und mit dem Fall die Verschränkungen einzelner Rechtsgebiete (z.B. Minderjährigenrecht und Bereicherungsrecht) zu verstehen. Konkret will ich dir empfehlen schnell die passenden Kapitel vom Lehrbuch zu lesen (dauert maximal 1,5 Stunden) und erst danach den Rep-Fall nachzuarbeiten. So lernst du vom Groben ins Detail und kannst die einzelnen Probleme viel besser verorten. Nur so verstehst du die Falllösung wirklich. Vergegenwärtige dir also den strukturellen Hintergrund eines Kapitels und lerne einen konkreten Rep-Fall dazu. So baust du Systemverständnis auf!
2. Karteikarten
Ich war und bin ein großer Fan von Karteikarten. Das kostet zwar Zeit, jedoch lohnt es sich wirklich. Und das in zweierlei Hinsicht:
Zum einen behält das Gehirn Inhalte, die nicht nur gelesen, sondern sogar mit der eigenen Hand geschrieben worden sind, viel besser. Das vor allem dann, wenn Zusammenfassungen oder ähnliches nicht nur abgeschrieben, sondern tatsächlich in eigenen Worten verfasst werden. Wer komplizierte Probleme einfach formulieren kann, hat sie wirklich verstanden.
Zum anderen hast du natürlich den Vorteil, ein Rechtsgebiet kompakt und in eigenen Worten zusammengefasst wiederholen zu können. Das ist kurz vor den Klausuren und vor der mündlichen Prüfung ein großer Nutzen!
3. Probleme wirklich verstehen
Die Menge des Jura-Studiums ist enorm. Es ist quasi unmöglich, alle Probleme auswendig zu lernen. Dagegen behält man das Problem und die Lösungen viel einfacher im Hirn, wenn man es einmal wirklich verstanden hat. Dafür brauchst du nicht unbedingt Kommentare, Aufsätze oder Lehrbücher wälzen. Ein Tipp, der mir extrem geholfen hat, ist es, sich den konkreten Lebenssachverhalt zu vergegenwärtigen, der von der konkreten Norm gelöst werden soll. Was war die Konstellation, die der Gesetzgeber auflösen wollte?
Das hilft einem, das konkrete Problem auch in der Klausur zu erkennen, anhand des Willen des Gesetzgebers zu lösen und vor allem Abwandlungen der Standardprobleme zu identifizieren.
Schaue dir hierfür stichprobenartig zum Beispiel einfach mal die ersten Randnummern von einem Kommentar oder die Einführungen von Lehrbüchern an. Auch so förderst du dein Systemverständnis.
4. Wiederholen, aber was?
Auch dir wird klar sein, dass man im Idealfall stetig einzelne Themengebiete wiederholen sollte. Doch die Zeit ist begrenzt. Deswegen empfehle ich dir, keine Details, sondern Grundlagen und Strukturen zu wiederholen. Dir wird auffallen, dass sich bestimmte Gedankengänge zu einer Vielzahl von Problemen wiederholen. Präge dir diese Strukturen und nicht Argumente ein. Lerne als Beispiel nicht die konkrete Lösung eines Rep-Falles, sondern die Art des Lösungsweges. Versuche anhand des Gesetzestextes den Lösungsweg logisch nachzuvollziehen und merke dir nur, wann vom Wortlaut abgewichen wird. Nur diese Abweichungen musst du wiederholen, der Rest steht ja – wie von Nichtjurist:innen ja auch stets angemerkt 😉 – im Gesetz. Die Gedankengänge, die du dir angeeignet hast, kannst du dir für die Lösung unbekannter Fälle merken. Manche Strukturen kannst du dann angepasst einfach übertragen!
Wiederhole daneben nur die Grundschemata (Beispiel Grundrechtsprüfung, Zulässigkeit des VUs…) ohne Details!
5. Schwerpunkte setzen: Basics!
Bei der Examensvorbereitung musst du Schwerpunkte setzen. Auch hier musst du deine Stärken und Schwächen ehrlich analysieren. Vielleicht lässt du dich auch einmal von einem Freund oder einer Freundin einschätzen. Richtschnur dürften die Noten deiner Probeklausuren oder der Scheinklausuren sein.
Ansonsten dürftest du vielleicht schon bemerkt haben, worauf ich den Fokus gelegt habe: Die Basics.
Bevor du irgendwelche Spezialprobleme lernst, verinnerliche lieber die vollständige Lösung des Normalfalls. Für die Spezialprobleme nutzt du dein juristisches Handwerkszeug, die Auslegungsmethoden und setzt vielleicht den ein oder anderen Klausurentipp von unten ein! Das Gute: Ob das eine oder andere Argument jetzt kommt oder nicht, ist fast egal. Und: Wenn du den Normalfall kennst, kannst du dir methodisch das Problem selber herleiten, konkret die Abweichung darstellen und auf dieser Grundlage argumentieren. Glaub mir, darauf gibt es die eigentlichen Punkte!
B. Klausurtipps
1. Normzitate
Versuche wirklich alle Normen, die du zur Lösung benutzt, so genau wie möglich zu zitieren. Das ist ein Punktebringer, der wirklich keinen Aufwand erfordert. Bewertet wird, ob du anhand des Gesetzes zu einer logischen, strukturierten und vertretbaren Lösung eines Problems kommst. Beweisen tust du das mit Normzitaten!
2. Worauf kommt es bei den Klausuren an?
Eine wirklich gute Klausur zeichnet sich nicht durch ellenlange (auswendig gelernte) Argumente oder die Darstellung der 10. Mindermeinung aus. Prüfungsmaßstab ist genau das, was in den Ausbildungsgesetzen auch steht: Methodik, Überblick über das Gesetz und Grundverständnis. Wie zeige ich das?
Platt gesagt, musst du einfach nur zeigen, dass du Jurist:in bist! Ein Professor meinte mal zu mir, bei der Korrektur von Examensklausuren frage er sich stets, ob der Kandidat „einer von uns ist“. Nutze Meinungsstreitstände, um zu zeigen, dass du die Auslegungsmethoden beherrschst. Knüpfe deine Argumente also an Wortlaut, Gesetzeswillen, historischem Hintergrund der Norm, Systematik und Sinn und Zweck des Gesetzes. Zeige konkret auf, worin sich der Klausurfall vom gesetzlich geregelten Fall unterscheidet und lege damit dar, dass du einen Überblick über das Gesetz hast! Wenn du wie oben beschrieben stets Normalfälle schwerpunktmäßig gelernt hast und diese auch als solche in der Klausur benennst, bemerkst du die Verschränkungen aus den einzelnen Rechtsgebieten. Nutze die Wertungen einzelner Normsysteme (Beispiele: geringe Schutzwürdigkeit von unentgeltlichen Empfängern im Zivilrecht), um sie in deine Argumentationen einzubauen. Damit zeigst du Überblick über das Gesetz!
3. Unbekannte Probleme
Vielleicht hast du auch schon gehört, dass die Klausuren, die am schlechtesten gelaufen sind, am Ende die besten der Absolventen waren. Das liegt daran, dass du in diesen Klausuren auf das zurückgeworfen wirst, auf das es eigentlich ankommt. Wie bereits erwähnt: Methodik und Grundverständnis.
Versuche also, die Klausur mit dem Gesetz zu lösen und warte bis du zu der Stelle kommst, die nicht mehr glatt aufgeht. Jetzt fängst du an auszulegen. Versuche, gerade hier den Schwerpunkt deiner Klausur zu setzen.
Was mir besonders für gute Noten geholfen hat, war es, mein Auslegungsergebnis schließlich zu bewerten: Ist das, was rauskommt, wirklich gerecht? Ist das Ergebnis mit der (vorher herausgearbeiteten) Ratio der Norm vereinbar?
Nutze dann gegebenenfalls deine Methodik zur Korrektur: Teleologische Reduktion oder Analogie (nicht im Strafrecht!). Das war’s!
4. Unbekannte Gesetze
Wie gehe ich in der Klausur mit unbekannten Gesetzen um?
Wenn im Sachverhalt unbekannte Gesetze abgedruckt werden, sind diese eigentlich immer für die Lösung der Klausur relevant.
Zunächst einmal musst du unbekannte Gesetze systematisch erfassen: Strukturiere dir die Normen oder einzelnen Absätze nach Regeln und dazugehörigen Ausnahmen, Grundsätzen und konkreten Beispielen, Normen für den Anwendungsbereich und Zweckrichtung des Gesetzes (meist in § 1). Diese systematische Auslegung kannst du sodann für die Auslegung der Normen nutzen! Da du jetzt die Struktur der Normen verstanden hast, kannst du diese anwenden. Das ist übrigens das, was bewertet wird: Die sachgerechte und methodische Anwendung der Gesetzestexte. Benenne das gewonnene Systemverständnis der Normen bei der Auslegung und dir kann quasi nichts mehr passieren!
Kleiner Tipp fürs Zivilrecht: Unbekannte Normen kannst du hier zu 90 % bei § 823 Abs. 2 BGB, § 134 BGB und/oder der Duldungspflicht aus § 1004 BGB verorten!
5. Klausurexoten
Wenn die ganze Klausur aus einem unbekannten Rechtsgebiet besteht, kannst du Tipp 8 und 9 beherzigen und gut durch die Klausur kommen. Eine Hilfe will ich dir hier noch geben: Orientiere dich an Problemen aus bekannten Rechtsgebieten! Meistens ergeben sich in der Klausur Fragestellungen, die ähnlich auch in Rechtsgebieten vom Pflichtstoff vorkommen. Hier kannst du Argumente und Strukturen übernehmen. Beispielsweise taucht bei Genehmigungsfragen im öffentlichen Recht genauso der Drittschutz auf, wie sonst im Baurecht! Ansonsten bleibe bei den Auslegungsmethoden und keep cool!
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