Wenn sich Juristen für ein MBA-Studium entscheiden, um ihre Ausbildung mit BWL- und Managementkenntnissen zu ergänzen, stehen ihnen verschiedene Wege offen: Sie können den Kurs nebenberuflich absolvieren und brauchen dann meist zwei Jahre. Andere wiederum überlassen ihre Mandanten für einige Zeit den Kollegen und drücken rund ein Jahr lang in Vollzeit die Schulbank.
Bei Dr. Andreas Hoger wiederum ist die MBA-Ausbildung ein fester Bestandteil seiner Ausbildung. Der 36-jährige Associate arbeitet unter der Flagge von Hengeler Mueller. Bereits vor fünf Jahren setzte die Kanzlei mit der Kooperation mit der Hochschule St. Gallen eine fünfjährige Fortbildung für sämtliche Associates auf die Schiene, die so keine andere deutsche Kanzlei anbietet. Alle Associates besuchen diese Management-Kurse, mit denen sie nach fünf Jahren 30 Punkte und ein ‚Diploma‘ erworben haben. Die Punkte, die normalerweise die Hälfte der nötigen Punktzahl eines MBA-Abschlusses an der Schweizer Hochschule ausmachen, können sie sich hier wie auch an anderen MBA-Schulen anrechnen lassen. Der Abschluss ist damit zwar kein vollständiger, aber ein großer Schritt in diese Richtung. Einen LL.M.-Abschluss hat Hoger sowieso schon in der Tasche, erworben an einer der bekanntesten Universität überhaupt, in Harvard.
Kleines BWL-Studium.
Erst ein anstrengendes Studium und Referendariat, die Promotion und womöglich noch einen LL.M.-Studium – welchen Mehrwert kann der MBA überhaupt bieten? In erster Linie geht es um die Fähigkeit, die richtigen Antworten auf Fragen auch in nicht-juristischen Bereichen zu finden. In der Ausbildung stehen zunächst handfeste Fragen im Vordergrund: Wie lese ich einen Jahresabschluss? Wie berechne ich Zinssätze? Behandelt wird eine Reihe von Fall-Beispielen aus dem realen Berufsleben. So nehmen die Teilnehmer detailliert die Aufstellung eines Unternehmens unter die Lupe und entscheiden am Ende etwa darüber, welche Produktlinien unprofitabel sind und deshalb besser eingestellt werden. Genauso gut geht es aber um die Verbesserung von Leadership-Skills, wie es im MBA-Umfeld so schön international heißt, also um Eigenschaften, die Führungspersönlichkeiten mit sich bringen sollten.
Denkanstöße.
Mehr juristische Komponenten dagegen beinhalten die Hengeler-St.-Gallen-Seminare, die für den Arbeitsalltag der Anwälte maßgeschneidert sind. Beispielsweise gibt es Kurse speziell zu Mandantentypen unter Fragestellungen wie ‚Wo liegen die speziellen Bedürfnisse von Bank-Mandanten oder von Private-Equity-Häusern?‘. Auf dem Stundenplan stehen aber auch Kurse, bei denen die Zielgruppe nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist. Das Seminar zur Verhandlungsführung leitete beispielsweise ein Dozent, der seine Brötchen damit verdient, dass er mit Piraten verhandelt. Es geht um Lösegeldforderungen, um das Leben von Entführten. Spannend. Aber wie soll das auf eine M&A-Verhandlung übertragbar sein? „Auch bei M&A-Verhandlungen braucht man Geduld“, erklärt Andreas Hoger die Parallelen. „Man muss die Ziele immer im Blick behalten. Während so einer M&A-Verhandlung habe ich schon öfter an diese Strategien gedacht.“
Die St.-Gallen-Seminare sind ganz auf die Weiterbildung der Hengeler-Anwälte ausgelegt – der unmittelbare Nutzen im späteren Berufsalltag also garantiert. Angenehmer Nebeneffekt: die enge Vernetzung der Jahrgänge. Denn in jedem Kurs kommen die jeweiligen Jahrgänge aller Standorte zusammen. Andreas Hoger hat auf die Weise gemeinsam mit 30 Kollegen studiert. Das schweißt zusammen. (Eva Flick)
Mehr über das Networking an renommierten MBA-Schulen in der neuen Ausgabe von azur, dem JUVE Karrieremagazin – erscheint am 20. Oktober.