Abbrechen = Aufgeben?
Irgendwann kommt vielleicht der Punkt in der juristischen Ausbildung, an dem man zweifelt, ob Jura wirklich das Richtige für einen ist. Man sollte sich genau überlegen, ob man nur eine stressige Phase hat, oder ob Jura überhaupt das passende für einen ist. Es gibt natürlich nie ein „zu spät“, dennoch wird es schwerer, den juristischen Weg aufzugeben, je mehr Zeit man bereits investiert hat. Das Studium sollte möglichst beendet werden, wenn schon viel investiert wurde (vor allem zeitlich), denn nach dem ersten Staatsexamen ist auch ein Quereinstieg in einen nicht-juristischen Beruf sowie auch eine Neuorientierung immer noch möglich, aber mit einem Abschluss in der Hinterhand.
Kein Interesse an Jura?
Manchmal kann im Wust von Klausuren, Hausarbeiten und Praktika der Gedanke aufkommen, dass einem das Jurastudium keinen Spaß mehr bereitet. Die Euphorie ist verflogen, die Stunden in der Bibliothek werden länger und man beginnt sich zu fragen, wie lange es denn noch bis zum Ziel ist. Dieser Punkt kann sehr früh im Studium kommen oder erst spät, in der Examensvorbereitung oder für manche sogar erst im Referendariat. Ich möchte deshalb behaupten, dass wir alle irgendwann an diesem Punkt waren. Meiner Meinung nach muss man differenzieren: Merkt jemand in den ersten zwei Semestern, dass einem die Inhalte des Studiums gar keine Freude bereiten und sich auch kein Interesse entwickelt, sollte man sich überlegen, doch ein anderes Fach zu wählen. Ich selber hatte mir das Ziel gesetzt, nach zwei Semestern zu reflektieren, ob mich dieses Fach wirklich packt oder ich es mir doch anders vorgestellt habe. Es muss aber nicht zwingend am Fach selbst liegen. Einige angehende Juristen haben durchaus ein Interesse am Fach, und den dazugehörigen Inhalten, aber die Gegebenheiten der Stadt oder der Universität machen einen nicht glücklich. In einem solchen Fall ist es anzuraten, sich zur Studienberatung zu begeben. Manchmal kann man vor der Zwischenprüfung einfach wechseln, manchmal aber auch besser erst danach. Ein Ortswechsel kann die Gesamtsituation auf jeden Fall verbessern, falls es an den äußeren Gegebenheiten scheitern sollte.
Wenn der Punkt der Frustration erst mitten in der Examensvorbereitung eintritt, sollte man sich überlegen, ob genug Kraft vorhanden ist, das Studium abzuschließen. In der Examensvorbereitung hat man in der Regel bereits mehrere Jahre in das Studium investiert.
Bei manch einem kommt nach dem bestandenen Staatsexamen dann die Erleichterung, der Stress fällt weg und man freut sich dann doch wieder auf das anschließende Referendariat! Immerhin sammelt man dann endlich Praxiserfahrung und verdient sogar etwas Geld mit seinem hart erarbeitet juristischen Wissen.
JurCase informiert:
Sollte die Frustration rund ums Studium erst spät eintreten, so kann es sich auch anbieten, auf einen Bachelor of Laws zu wechseln. In der Regel werden einem alle bisherigen Leistungen angerechnet und man hat einen Abschluss in Aussicht. Allerdings ist zu beachten, dass der Bachelor manchmal nur als Doppel-Bachelor erworben werden kann und dann zusätzlich ein zweites Fach neu studiert werden muss, um den Abschluss zu erwerben.
Keine Motivation für Jura?
Ein Jurastudium erfordert viel Selbstdisziplin. Erst ganz am Ende kommt man dann in die Klausursituation, aus der sich einige dann mit dem Motto „Wer sein Studium liebt, der schiebt!“ hinauswinden. Die Motivation muss also aus einem selber kommen und sie muss vorhanden sein, ansonsten scheitert man schnell am Tempo des Studiums.
Viel schwerer wird es dann nochmal in der Examensvorbereitung. Hier gibt es vielleicht mehrere Stunden anstrengender Examensvorlesungen und im Anschluss ist die Müdigkeit zu groß, um das zuvor Gelernte in Probe-Examensklausuren umzusetzen. Hier ist gute Planung, Motivation und Disziplin gefragt. Ganz sicher waren wir alle an dem Punkt in der Examensvorbereitung, an dem wir einfach keine Lust mehr hatten. Dieses Gefühl kann überwunden werden, indem man sich klar macht, was der Grund für dieses Studium ist und was man am Ende erreichen will. Findet man aber gar keine Motivation kann dies auch mit mangelndem Interesse zusammenliegen und dann sollten die oben genannten Punkte und die eigene aktuelle Situation reflektiert werden. Eine weitere Möglichkeit der Motivation ist der Einstieg in eine Lerngruppe, in der man mit anderen Leidensgenossen den Stoff bespricht und sich gegenseitig motivieren und aufheitern kann! Zusammen lernt es sich dann doch wieder besser.
Jura – aber nicht als Volljurist?
Ein Mittelweg kann sein, sich nach dem abgeschlossenen Studium als Quereinsteiger zu bewerben, denn es gibt eine Vielzahl an Berufen, in denen man nicht unbedingt juristische Kenntnisse braucht. Dafür werden aber Bewerber mit dem Ersten Juristischen Staatsexamen gerne eingestellt, da sie als diszipliniert und gut ausgebildet gelten. Solche Jobs findet man sowohl bei Banken, Unternehmensberatungen, Versicherungen oder in öffentlichen Verwaltungen als auch in Management Positionen. Zusätzlich gefragt sind dort oft BWL-Grundkenntnisse, die zum Beispiel durch zusätzliche Kurse an der Universität erworben werden können, soweit dieser Quereinstieg interessant werden könnte. Außerdem ist es nie verkehrt, wenn man sehr solide Englisch Kenntnisse aufweisen kann, auch hier bieten sich Sprachkurse der Universität an. Viele Verwaltungen stellen auch gerne Absolventen des Ersten Juristischen Staatsexamens ein, da die Ausbildung inhaltlich der von Verwaltungsberufen ähnelt.
Fazit
Es gibt nie einen Punkt, an dem es „zu spät“ ist, um zu merken, dass Jura nicht das eigene Traumstudium ist. Natürlich ist es besser, möglichst früh seine Studienwahl zu reflektieren. Dennoch sollte genau unterschieden werden, ob man in einem Motivationsloch hängt, oder ob einen die Inhalte des Jurastudiums einfach gar nicht interessieren und man sich nicht mehr vorstellen kann, in einem juristischen Beruf zu arbeiten! Es kann sich durchaus lohnen, das Studium abzuschließen, um dann in einen nicht klassisch-juristischen Beruf einzusteigen, da Quereinsteiger gerne gesehen sind und auch immer gefragter werden. Wenn man nicht das Staatsexamen anstreben möchte, kann ein Wechsel auf den Bachelor of Laws sinnvoll sein, der auch oft mit einem weiteren Fach kombiniert werden kann.