Skip to main content
examensrelevantGewusst

Die TOP 10 Beschlüsse für dein Examen im Zivilrecht

By 11. Juni 2021Oktober 11th, 2023No Comments
Aktuelle Rechtsprechung

Diese aktuelle Rechtsprechung im Zivil- und Zivilprozessrecht aus den Jahren 2020 und 2021 solltest du für dein Staatsexamen kennen!

Hiermit möchten wir dir die aktuell wichtigste Rechtsprechung, die Top 10 Beschlüsse im Zivilrecht aus den Jahren 2020 und 2021 zur Vorbereitung auf dein schriftliches Examen und / oder deine mündliche Prüfung vorstellen. [Stand: Mai 2021]

Nr. 1 – BGH V ZB 127/19 – Beschluss vom 11.03.2021

In diesem Fall sollte mittels notariell beglaubigten Vertrags das Eigentum an einer Wohnung auf einen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 5-Jährigen übertragen werden. Es wurde ein Nießbrauch, hier als Wohnrecht ausgestaltet, sowie ein bedingtes Rückübertragungsrecht durch eine spätere Zwischenverfügung vorbehalten. Der BGH stellte klar, dass die Bestellung eines Nießbrauches oder Grundpfandrechts in Zusammenhang mit dem Grundstückerwerbs eines Minderjährigen jedenfalls dann nicht genehmigungsbedürftig i.S.d. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist, wenn sich die Belastung als Teil des Erwerbvorgangs darstellt und Auflassung und dingliche Einigung gleichzeitig erfolgen.

JurCase informiert:

Der Nießbrauch ist ein dingliches Recht und entsteht gemäß §§ 873, 1030 BGB bei Grundstücken durch dingliche Einigung und Eintragung in Grundbuch. Ein Nießbrauch kann auch an beweglichen Sachen bestellt werden, dies richtet sich nach den §§ 1032, 929 BGB. Weiter ist der Nießbrauch nicht i.S.d. §§ 413, 398 übertragbar, dies ist in § 1059 BGB geregelt.

Nr. 2 – BGH XII ZB 364/19 – Beschluss vom 24.03.2021

Dieser Fall beschäftigt sich maßgebend mit der Frage der elterlichen Vertretung, geregelt in §§ 1629 ff. BGB. Danach umfasst die elterliche Sorge auch die Vertretung i.S.d. §§ 164 ff. BGB. Ein Elternteil ist im Zweifel allein vertretungsberechtigt. Im Vaterschaftsanfechtungsverfahren sind allerdings der mitsorgeberechtigte Vater und die mit ihm verheiratete Mutter von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen. Ist die Mutter wiederum mit dem rechtlichen Vater nicht verheiratet, ist sie von dem gesetzlichen Sorgerechtsausschluss nicht betroffen, sodass das Kind von ihr allein vertreten wird.

JurCase informiert:

Diese sehr speziell anmutende Fragestellung kann einen Einstieg in die zivilrechtliche Prüfung bilden. So könnte der Vater einen Vertragsschluss gemäß § 184 nicht genehmigen, die Mutter aber schon. Genaueres über die Einzelvertretung im Falle einer Scheidung oder anderen Tatbeständen ist im § 1629 geregelt.

Nr. 3 – BGH III ZB 57/20 – Beschluss vom 25.03.2021

Eine Richterin hat sich im Rahmen der Abgasmanipulationen (Diesel-Skandal) einer Musterfeststellungsklage angeschlossen. Obwohl von der Richterin ein außergerichtlicher Vergleich bereits angenommen wurde, und somit eigenes wirtschaftliches Interesse am konkreten Fall ausgeschlossen werden kann, rechtfertigt die Beteiligung an einer Musterfeststellungsklage insbesondere mit dem Vorwurf der vorsätzlichen unerlaubten Handlung einen Befangenheitsantrag gemäß § 42 Abs. 2 ZPO.

JurCase informiert:

Die Befangenheit gemäß § 42 Abs. 2 ZPO ist zu besorgen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Entscheidend ist die Sicht der ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände. Tatsächliche Befangenheit ist nicht erforderlich, es genügt der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität.

Nr. 4 – BGH VII ZB 24/20 – Beschluss vom 10.03.2021

Mit Beschluss von der Bezirksregierung wurde der Klägerin eine Zuwendung aufgrund des Programms zur Gewährung von Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbstständige bewilligt. Im Zuge einer veranlassten Pfändung sollte diese Zuwendung gepfändet werden. Bei der Corona-Soforthilfe handelt es sich um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbare Forderung. Weiter ist die Forderung zweckgebunden und dient den weiteren Ausführungen des BGHs zufolge nicht der Deckung laufender Lebensunterhaltskosten, sondern der Überwindung kurzfristiger Liquiditätsengpässe. Hier kam es maßgebend auf eine Erhöhung des Pfändungsfreibetrags gemäß § 850k Abs. 4 ZPO an.

JurCase informiert:

Zulässiges Rechtsmittel der Klägerin ist hier die sofortige Beschwerde gemäß § 793 Abs. 1 ZPO, welche sich gegen die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts oder des Prozessgerichts wendet und im Rahmen einer Notfrist gemäß § 559 ZPO binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses einzureichen ist.

Nr. 5 – BGH XII ZR 29/20 – Beschluss vom 03.02.2021

Der Beklagte, ein Schienennetzbetreiber des nahezu gesamten deutschen Schienennetzes, wird von der Klägerin auf Zahlung eines Schadensersatzes wegen nicht vertragsgerechter Überlassung des Schienennetzes in Anspruch genommen. Entscheidend ist hier die Pflicht des Schienennetzbetreibers, die Nutzung des Schienennetzes einem festen Fahrplan nach zu ermöglichen. Diskutiert wurde hier letztlich eine Pflicht zur „Pünktlichkeit“ und einem daraus resultierenden Schadensersatzanspruch.

JurCase informiert:

Es liegt hier ein atypischer Mietvertrag vor, welcher grundsätzlich die Pflicht gemäß § 535 BGB begründet, die Mietsache zu einer bestimmten Zeit zu Überlassen. Als Anspruchsgrundlage kommen somit §§ 280 ff. BGB sowie § 536a BGB in Betracht. Besonders die Pflichtverletzung musste hier auch in Hinblick auf geltende AGB-Klauseln diskutiert werden.

Nr. 6 – BGH V ZB 51/20 – Beschluss vom 01.10.2020

Eine Kommanditgesellschaft [KG] ist im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, in welchem auch eine Reallast eingetragen ist, allerdings zugunsten einer nun Verstorbenen. Die Reallast soll, unter Vorlage einer Sterbeurkunde, nun gelöscht werden. Diese Zwischenverfügung bedarf allerdings der Zustimmung der berechtigten Erben, § 23 Abs. 1 GBO. Diskutiert wurde hier außerdem, ob die Reallast auch auf die Lebenszeit der Verstorbenen beschränkt war.

JurCase informiert:

Wenn ein dingliches Recht weiter befristet oder unter einer Bedingung an einem Grundstück bestellt werden soll, gilt dies nur, wenn auch die Befristung oder Bedingung im Grundbuch eingetragen wird.

Nr. 7 – BGH XII ZB 106/20 – Beschluss vom 29.07.2020

Der Beteiligte litt unter einer schweren kognitiven Störung, und erteilte in diesem Zustand eine General- und Vorsorgevollmacht, die er bald widerrief. Sowohl bei Erteilung als auch bei Widerruf wird angenommen, dass der Erklärende gemäß § 104 Nr. 2 BGB nicht geschäftsfähig war und keine wirksame Willenserklärung abgeben konnte.

JurCase informiert:

Dieser Fall bietet Anlass, die gängigen Konstellationen der §§ 104 ff. abzufragen. Insbesondere Fragen zu Willenserklärungen und gesetzlicher Vertretung auch in Bezug auf Minderjährige können hier erwartet werden.

Nr. 8 – BGH II ZB 13/19 – Beschluss vom 28.04.2020

Eine gemeinnützige, haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft begehrt ihre Eintragung als „gUG (haftungsbeschränkt)“ ins Handelsregister. Diskutiert wurde Vorallem die Zulässigkeit dieser Bezeichnung vor dem Hintergrund der § 4 und § 5a GmbHG, es werden hier verschiedene Meinungen vertreten. Der 2. Zivilsenat des BGH schließt sich der Meinung an, welche die Bezeichnung als zulässig erklärt. Entscheidend in der Argumentation ist Sinn und Zweck des § 5a GmbHG, der Schutz des Rechtsverkehrs vor Täuschung und Irrtum über die Form der Gesellschaft.

JurCase informiert:

§ 15 HGB regelt die Publizität des Handelsregisters, welches unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsschein erzeugt. § 15 Abs. 1 HGB regelt die negative Publizität, Tatsachen, die nicht im Handelsregister stehen, gelten als nicht geschehen. § 15 Abs. 3 HGB regelt die positive Publizität, eingetragene Tatsachen gelten hiernach als tatsächlich geschehen.

Nr. 9 – BGH VII ZR 236/19 – Beschluss vom 12.03.2020

Der Kläger nimmt einen Wirtschaftsprüfer auf Schadensersatz in Anspruch. Der Wirtschaftsprüfer hat sich hier gemäß § 332 Abs. 1 HGB strafbar gemacht, indem er unrichtige Bestätigungsvermerke und Lageberichte angefertigt hat. Da es sich bei § 332 Abs. 1 HGB insbesondere um ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB handelt, steht dem Kläger hier ein Schadensersatzanspruch zu. Die Prüfpflicht des Wirtschaftsprüfers resultiert hier aus zwingenden prospektrechtlichen Gesetzesbestimmungen des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG).

JurCase informiert:

Ein Schutzgesetzt i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist eine Norm, die nach Inhalt und Zweck wenigstens auch auf den Schutz von Individualinteressen von einer näher bestimmten Art ihrer Verletzung ausgerichtet ist. Es kommen also alle Rechtsnormen in Betracht, die ein bestimmtes Verhalten verlangen oder verhindern wollen, und weiter auch dem Schutz einer bestimmten Person oder Personengruppe dienen.

Nr. 10 – BGH V ZB 3/16 – Beschluss vom 13.02.2020

Ein Beteiligter ist Eigentümer eines Grundstücks unweit der Schweizer Grenze. Es soll ein Teil des Eigentums übertragen werden. Die Einigung findet statt und wird nun von einem Schweizer Notar beurkundet. Daraufhin weist allerdings das deutsche Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung des Eigentumswechsels zurück. Die Einigung, beurkundet durch den Schweizer Notar, wird vom deutschen Grundbuchamt als nicht ausreichend erachtet. Es wird die Frage diskutiert, ob die Beurkundung durch den Schweizer Notar über die Vorschriften des EGBGB und der Rom-I Verordnung nicht ausreichend für die Auflassung gemäß § 925 Abs.  S. 1 BGB ist.

JurCase informiert:

Im Sachenrecht gilt der Typenzwang. Die Einigung unter den Voraussetzungen der Auflassung gemäß § 925 Abs. 2 S. 1 BGB, insbesondere die Beurkundung durch einen Notar nach deutschem Recht, darf daher nicht durch eine Einigung unter ähnlichen Schweizer Voraussetzungen ersetzt werden.

Aktuelle Rechtsprechung

Die aktuelle Rechtsprechung ist zur Vorbereitung auf dein schriftliches Examen und / oder deine mündliche Prüfung zwingend zu kennen. Daher fragen wir dich:

Zu welcher Entscheidung würdest du gerne mehr erfahren?

[Mehrfachantworten möglich]

Beitragsautor:

Luca Willemsen

Luca Willemsen

Luca studierte Rechtswissenschaften an der Universität in Trier und möchte seinen Vorbereitungsdienst im Regierungsbezirk Düsseldorf oder Köln absolvieren. Für JurCase ist er aktuell vor allem für aktuelle Rechtsprechung zuständig.

Alle Beiträge von Luca Willemsen ansehen