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Basiswissen ZPO (Teil 2): Das Zwangsvollstreckungsrecht im Zweiten Staatsexamen – Die Rechtsbehelfe

By 31. März 2022Oktober 11th, 2023No Comments
Zivilrecht

Die wichtigsten Rechtsbehelfe für das Assessorexamen im Überblick

In diesem Beitrag werden die wichtigsten Rechtsbehelfe des achten Buchs der Zivilprozessordnung (ZPO) dargestellt. Diese sind absolutes Pflichtwissen im Zweiten Staatsexamen. Das Zwangsvollstreckungsrecht ist sehr schematisch, weshalb sich ein schematisches Lernen ähnlich wie im Öffentlichen Recht, in dessen Rahmen die relevanten Normen eingeordnet werden, hier lohnt.

Wie du in der Zwangsvollstreckungsklausur am geschicktesten vorgehst, erfährst du bereits im Beitrag Zwangsvollstreckungsrecht: Ein Überblick.

Die Rechtsbehelfe

Die Zwangsvollstreckungsklausur wird regelmäßig so aufgebaut sein, dass eine Partei die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungstitel gemäß § 794 ZPO betreiben will und sich der Betroffene dagegen wehren möchte. Je nachdem, mit welchen Argumenten sich der Schuldner gegen die Zwangsvollstreckung verteidigen möchte, ist der richtige Rechtsbehelf zu wählen.

Die Vollstreckungserinnerung § 766 ZPO

Die Vollstreckungserinnerung ist ein formeller Rechtsbehelf, mit welchem sich der Schuldner mit formellen Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung wehrt. Die Vollstreckungserinnerung ist dann der richtige Rechtsbehelf, wenn die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nicht vorlagen oder das Vollstreckungsorgan die Verfahrensvorschriften verletzt hat. Gemäß § 766 Abs. 2 ZPO kann auch der Gläubiger Vollstreckungserinnerung erheben, wenn sich der Gerichtsvollzieher weigert, die Vollstreckung antragsgemäß auszuführen. Das gemäß §§ 802, 766 ZPO ausschließlich zuständige Gericht, welches über die Erinnerung entscheidet, ist das Vollstreckungsgericht. Dies ist regelmäßig das Amtsgericht in dessen Bezirk die Vollstreckung stattfinden soll, § 764 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung ergeht als Beschluss. Zulässige formelle Einwendungen im Rahmen der Erinnerung sind beispielhaft:

  • Fehlen der allgemeinen Verfahrens- oder Vollstreckungsvoraussetzungen, z.B. kein Vollstreckungsantrag, falsches Vollstreckungsorgan, keine Zustellung des Titels
  • Fehlen der besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen, z.B. Ablauf eines bestimmten Kalendertages
  • Vorliegen von Vollstreckungshindernissen, z.B. wegen Insolvenzeröffnung
  • Durchführung der Vollstreckung am falschen Ort, zur falschen Zeit (§ 758a Abs. 4 ZPO), in der falschen Art und Weise (Fahrnisvollstreckung statt Forderungsvollstreckung) oder unter Verstoß gegen Pfändungsverbote der §§ 811 ff. ZPO.

Die sofortige Beschwerde § 793 ZPO

Ein weiterer formeller Rechtsbehelf ist die sofortige Beschwerde gemäß § 793 ZPO. Die Entscheidung ergeht auch hier als Beschluss. Sie richtet sich gegen Entscheidungen des Gerichts im Zwangsvollstreckungsverfahren mit fakultativer mündlicher Verhandlung. Damit sind gemäß § 128 Abs. 4 ZPO solche Entscheidungen gemeint, die keine Urteile sind. Dabei spielt vor allem die Abgrenzung von einer gerichtlichen Entscheidung und einer Maßnahme, gegen die die sofortige Beschwerde nicht statthaft ist, eine herausragende Rolle. Eine Entscheidung liegt danach immer vor, wenn ein Antrag (z.B. die Erinnerung nach § 766 ZPO oder ein Antrag nach § 829 ZPO) abgelehnt wurde oder wenn der Schuldner vor der Entscheidung angehört wurde. Darunter fallen auch die Anordnung zur Durchsuchung der Wohnung nach § 758a Abs. 3 ZPO oder sonstige Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts gemäß § 764 Abs. 3 ZPO. Zuständig ist gemäß § 568, 572 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 72 GVG das Landgericht als Beschwerdegericht, im Fall des § 119 Abs. 1 GVG das Oberlandesgericht. Die sofortige Beschwerde hat dann Erfolg, wenn die angefochtene Entscheidung rechtswidrig war. Die Vorschriften des §§ 567 ff. ZPO finden Anwendung.

Die Vollstreckungsabwehrklage § 767 ZPO

Wichtigster Rechtsbehelf, mit dem materielle Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden können, ist die Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO. Damit kann sich der Schuldner mit Einwendungen wehren, die nicht die Vollstreckung, sondern den festgestellten Anspruch selbst betreffen. Es handelt sich um eine prozessuale Gestaltungsklage, deren Ziel es ist, dem Titel seine Vollstreckbarkeit zu nehmen. Bei Erfolg wird die gesamte Vollstreckung für unzulässig erklärt. Zuständig ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs, welches das streitige Urteil erlassen hat.

In Klausuren häufig anzutreffende materiell rechtliche Einwendungen sind vor allem solche rechtshemmender sowie rechtsvernichtender Art. Darunter fallen insbesondere Erfüllung, Erlass, Aufrechnung, Rücktritt, Stundung oder Wegfall der Geschäftsgrundlage. Diese Einwendungen müssen grundsätzlich nachträglich entstanden sein. Macht der Schuldner Einwendungen geltend, die bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung bestanden, ist er mit ihnen gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert und kann sich nicht mehr darauf berufen. Bei den Gestaltungsrechten wie Rücktritt oder Anfechtung kommt es auf den Zeitpunkt der Befugnis zur Ausübung dieser an, nicht auf den der tatsächlichen Ausübung.

Die Titelgegenklage § 767 ZPO analog

Die Titelgegenklage dient dem Angriff gegen die Wirksamkeit des Titels selbst, nicht dessen zugrunde liegenden titulierten Anspruchs. Da § 766 ZPO nur gegen konkrete Vollstreckungshandlungen erhoben werden darf und § 767 ZPO direkt den Anspruch selbst betrifft, bedarf es bei Unwirksamkeit des Titels der Analogie. Die Präklusionsvorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO ist dagegen nicht analog anwendbar. Besonders examensrelevante Fallgruppen sind:

  • Unwirksamkeit von Prozessvergleichen aufgrund mangelhafter Protokollierung
  • Errichtung einer notariellen Urkunde bei fehlender Vollmacht oder fehlenden Prozesshandlungsvoraussetzungen
  • Unwirksamkeit einer notariellen Unterwerfungserklärung wegen Verstoß gegen § 134 BGB
  • Pauschale oder unbestimmte Unterwerfungserklärung
  • Wirkungslosigkeit eines Versäumnisurteils bei anschließendem Vergleich

Die Drittwiderspruchsklage § 771 ZPO

Mit der Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO kann sich ein Dritter gegen die Vollstreckung des Gläubigers beim Schuldner wehren, wenn der Dritte selbst ein Interventionsrecht an der zu vollstreckenden Sache behauptet. Sie richtet sich also gegen den Vollstreckungsgläubiger. Dies ist der Fall, wenn er ein die Veräußerung hinderndes Recht zumindest behauptet. Solche Rechte stellen z.B. das Eigentum, Vorbehaltseigentum, Anwartschaftsrecht, Sicherungseigentum oder der berechtigte Besitz dar. Die Zwangsvollstreckung wird bei Erfolg bezüglich des betroffenen Gegenstands für unzulässig erklärt. Die örtliche Zuständigkeit ist gemäß § 802, 771 ZPO ausschließlich, die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach den allgemeinen Regeln.

JurCase informiert:

Auch das Anfechtungsrecht nach AnfG spielt häufig eine Rolle. Es ist streitig, ob das Anfechtungsrecht nach §§ 11, 13 AnfG ein Interventionsrecht darstellt. Hier sollten einmal der Kommentar und die verschiedenen Argumente studiert werden.

Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung § 805 ZPO

Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung richtet sich nach § 805 ZPO und stellt eine prozessuale Gestaltungsklage dar, die von einem Dritten gegen den Vollstreckungsgläubiger geltend gemacht wird. Sie stellt teils ein Minus zur Drittwiderspruchsklage dar, da der Kläger nicht die Zwangsvollstreckung an sich abwenden kann, sondern lediglich aus dem Erlös der Zwangsvollstreckung vorrangig befriedigt wird. Macht der Kläger besitzlose Pfand- oder Vorzugsrechte geltend, z.B. das Vermieterpfandrecht, ist die Klage nach § 805 ZPO gegenüber der Drittwiderspruchsklage lex specialis. Auf das Pfändungspfandrecht kann sich der Kläger nicht berufen. In Betracht kommende Vorzugsrechte sind solche, die in § 51 InsO genannt werden. Die Zuständigkeit richtet sich nach § 805 Abs. 2 ZPO.

JurCase informiert:

Auf einige Vollstreckungstitel des § 794 ZPO lassen sich die allgemeinen Vorschriften der jeweiligen Rechtsbehelfe nicht einfach anwenden. Du solltest deshalb stets §§ 795 ff. ZPO im Auge behalten. Dort finden sich Sonderregeln, vor allem für Prozessvergleiche, Vollstreckungsbescheiden und notarielle Urkunden.

Die Klauselrechtsbehelfe

Die ZPO stellt außerdem Rechtsbehelfe zur Verfügung, um sich im Klauselerteilungsverfahren bei Erteilung der beantragten Vollstreckungsklausel zu wehren. Dabei ist streng darauf zu achten, ob eine einfache Klausel gemäß § 724 ZPO oder eine qualifizierte Klausel gemäß §§ 725, 726 f. ZPO erteilt werden soll, da danach die Zuständigkeiten und die Rechtsbehelfe variieren können.

Die Klauselerteilungsklage § 731 ZPO

Die Klauselerteilungsklage gemäß § 731 ZPO kann der Gläubiger erheben, wenn er eine qualifizierte Klausel beantragt, er also für den qualifizierenden Umstand beweisbelastet ist, der Urkundenbeweis jedoch nicht möglich ist. Es handelt sich um eine normale Feststellungsklage, in der alle Beweismittel zulässig sind. Der Beklagte kann sich jedoch auch mit Einwendungen entsprechend § 767 ZPO zur Wehr setzen.

Die Klauselerinnerung § 732 ZPO

Dem Schuldner steht die Klauselerinnerung gemäß § 732 ZPO zu. Es können formelle Einwendungen erhoben werden, gegen die Erteilung der einfachen und der qualifizierten Klausel. Beispiele sind die fehlende Vollstreckungsfähigkeit des Titels, die mangelnde Zuständigkeit des Vollstreckungsorgans oder Einwendungen gegen die Voraussetzung der Erteilung gemäß §§ 727 ff. ZPO, sofern die Einwendungen mit Urkunden belegbar sind.

Die Klauselgegenklage § 768 ZPO

Wehrt sich der Schuldner gegen die Erteilung gegen eine qualifizierte Klausel und kann er seine materiellen Einwendungen nicht durch Urkunden belegen, so bleibt ihm lediglich die Klauselgegenklage gemäß § 768 ZPO.

Fazit

Diese wichtigsten Rechtsbehelfe solltest du vor dem Examen auf jeden Fall vertieft bearbeiten. Auch wenn die Klauselrechtsbehelfe in AGs manchmal stiefmütterlich behandelt werden, gibt es auch aus ihrem Gebiet immer wieder Klausuren. Auch die Kombination verschiedener Rechtsbehelfe ist nicht unüblich, sodass damit zwingend gerechnet werden muss.

JurCase informiert:

Du möchtest auch dein Basiswissen der Strafprozessordnung (StPO) oder Zivilprozessordnung (ZPO) auffrischen? Kein Problem:

Du hast Teil 1 zur Zivilprozessordnung noch nicht gelesen? Hier findest du den Beitrag:

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Beitragsautor:

Isabelle Mewes

Isabelle Mewes

Isabelle absolviert ihren juristischen Vorbereitungsdienst am Landgericht Mainz. Für JurCase gibt sie Einblicke in ihr Referendariat. Daneben teilte sie Erfahrungen über ihr Ehrenamt zu Studienzeiten bei ELSA mit. Sie beschäftigt sich außerdem mit Schlüsselqualifikationen.

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