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Gewusst

Die weite Subsidiarität des § 246 StGB (4 StR 444/24)

#HierZucktDeinPrüfungsamt im Strafrecht in Kooperation mit VRiLG Dr. Nils Godendorff

Moin zusammen,
heute empfehle ich Dir eine Entscheidung des BGH, Beschluss vom 14.01.2025 – 4 StR 444/24.

JurCase informiert:

Den Beschluss des 4. Strafsenats vom 14.01.2025 – 4 StR 444/24 findest du kostenfrei hier auf der Seite des Bundesgerichtshofs.

Was ist passiert?

Eines vorweg: Der Sachverhalt ist so albern, dass er ein gefundenes Fressen für jedes Prüfungsamt ist. Denn der Angeklagte bat den Geschädigten, ihm sein Smartphone zu geben, damit er es als Taschenlampe nutzen könnte. Der Geschädigte gab das Telefon freiwillig heraus, der Angeklagte gab es aber nicht zurück. Der Angeklagte steckte das Telefon in seine Jacke und hielt den Geschädigten sodann fest. Er verlangte unter Vorhalt eines Messers

Wir notieren am Rand: Einsatz einer Waffe – Unterkante? 5 Jahre / Tenor? „besonders schwerer Raub“ bzw „besonders schwere räuberische Erpressung“ – Haftbefehl?

die Herausgabe von Bargeld, dafür würde er auch das Smartphone wieder herausrücken. Als der Geschädigte erklärte, kein Bargeld bei sich zu haben, erkannte der Angeklagte, dass er kein Bargeld bekommen würde

Wir notieren am Rand: „Rücktritt!? Fehlschlag!?“

und forderte stattdessen die Nennung der PIN des Telefons, um dieses nach der Freischaltung verkaufen zu können. Nachdem der Geschädigte dieser Forderung nachgekommen war, ließ der Angeklagte ihn los und behielt das Smartphone.

Wie hat das Landgericht diesen Sachverhalt beurteilt?

Das Landgericht hat das Geschehen hinsichtlich der Forderung von Bargeld als fehlgeschlagenen Versuch einer besonders schweren räuberischen Erpressung (§§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, 253 Abs. 1 und 2, 255 StGB) und in Bezug auf die Forderung der PIN als Nötigung (§ 240 StGB) und Unterschlagung (§ 246 StGB) gewertet.

Was hat der BGH daraus gemacht?

Das hat der BGH so nicht stehen gelassen. Denn in der Abforderung der PIN zur Ermöglichung des Verkaufs des Smartphones sei zwar die Manifestation der Zueignungsabsicht zu sehen. Dabei stehen das Fordern des Bargeldes und das Abpressen der PIN zueinander im Verhältnis der Tateinheit, weil zwischen beiden ein enger zeitlicher und situativer Zusammenhang besteht. Diese Tateinheit führe zur Subsidiarität der Tat nach § 246 StGB.

Warum solltest Du die Entscheidung noch lesen?

  • Wie schon eingangs vermerkt: Der Sachverhalt ist skurril bis albern. Solche Sachverhalte reizen Prüfungsämter immer.
  • Der Sachverhalt bietet die Möglichkeit zum Abprüfen zahlreicher Normen, eines Rücktritts und
  • wird Dich in der Prüfungssituation verzweifeln lassen, wenn Du Dich nicht zuvor mit ihm auseinandergesetzt hast.

Und nicht vergessen: Schreibt Klausuren!

Mit den besten Grüßen aus Hamburg
Nils Godendorff

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Beitragsautor:

Dr. Nils Godendorff

Dr. Nils Godendorff

Dr. Nils Godendorff ist vorsitzender Richter am Landgericht in Hamburg. Auf LinkedIn gibt Dr. Godendorff unter dem Hashtag #HierZucktDeinPrüfungsamt Hinweise zu examensrelevanten strafrechtlichen Entscheidungen. Die Reihe #HierZucktDeinPrüfungsamt in Kooperation mit Herrn Dr. Godendorff findest du auch bei JurCase!

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