#HierZucktDeinPrüfungsamt im Strafrecht in Kooperation mit VRiLG Dr. Nils Godendorff
Moin zusammen,
heute empfehle ich Dir einen etwas älteren Beschluss, bei dem aber jedes Prüfungsamt monatelang zuckt und manchmal braucht es ja etwas, bis so etwas Klausur wird. Es geht um den Beschluss des BGH vom 28.02.2023 − 2 StR 377/22. Und wer bei „Postpendenz“ weiß, dass das nichts mit Briefversand zu tun hat, ist manchmal schon richtig weit vorn in Prüfungen.
JurCase informiert:
Den Beschluss des zweiten Strafsenats des BGH vom 28.02.2023 (2 StR 377/22) findest du kostenfrei hier auf der Seite des Bundesgerichtshofs.
Was ist passiert?
Das LG hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen „gewerbsmäßiger Bandenhehlerei oder schweren Bandendiebstahls“ in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dagegen wandte sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Der BGH änderte den Urteilstenor, im Übrigen war die Revision erfolglos.
Im Einzelnen:
- Es war nicht sicher feststellbar, ob der Angeklagte sich an den bandenmäßig begangenen Vortaten des Diebstahls beteiligt hatte.
- Es kam seine Mitwirkung als Mittäter oder Gehilfe in Betracht; Alleintäter konnte er jedoch nicht gewesen sein und es war auch nicht einmal feststellbar, ob die genannten Formen der Vortatbeteiligung (§ 25 Abs. 2 StGB oder § 27 StGB) tatsächlich verwirklicht wurden.
- Sicher war nur, dass der Angeklagte für Täter des Diebstahls Absatzhilfe geleistet hatte.
Was sagt der BGH dazu?
- Vermutlich denken viele hier an die Wahlfeststellung – so hatte es auch das Landgericht gesehen und wegen „Diebstahls oder Hehlerei“ verurteilt. Eine solche kommt aber nicht in Betracht, so der BGH.
- Denn vorliegend steht die die Begehung der Nachtat fest und nur die Beteiligung an der Vortat ist zweifelhaft.
- Dann ist wegen Hehlerei zu bestrafen, weil bezüglich dieses Deliktes alle Tatbestandsmerkmale verwirklicht wurden; bezüglich der Diebstahlsbeteiligung ist auf Freispruch zu erkennen.
Gibt es daran Kritik?
Ja, denn es ist ja überhaupt nicht so eindeutig, wie der BGH tut. Denn:
Der Hehler ist kein Stehler.
Aber wenn das so ist, dann steht doch die vollständige Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale der Hehlerei gerade nicht fest (vgl. dazu Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch/Frister, 5. Aufl. 2017, nach StGB § 2 Rn. 68 ff). Wenn man so will, greift der BGH zu einem Trick: Er tut so, als komme es für die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale nur auf die „positiven“ an –also Wegnahme, Aneignungsabsicht pp. beim Diebstahl und Ankaufen, Verschaffen, Absetzen etc. bei der Hehlerei. Das Negativ-Kriterium des „ein anderer“ in § 259 Abs. 1 StGB wischt der BGH fort.
Warum solltest du die Entscheidung noch lesen?
- Was dem Zivil-Referenten im Prüfungsamt Tierfälle sind dem Straf-Referenten komplizierte Verschachtelungen mit Wahlfeststellung, Postpendenz, Hehlerei und Bandendiebstahl.
- Für die mündliche Prüfung solltest Du Postpendenz und Wahlfeststellung kennen.
Und nicht vergessen: Schreib regelmäßig Übungsklausuren!
Mit den besten Grüßen aus Hamburg
Nils Godendorff