#HierZucktDeinPrüfungsamt im Zivilrecht in Kooperation mit RiOLG Dr. Janko Büßer
Moin zusammen, heute empfehle ich ein Urteil des XII. Zivilsenats, das sich mit den Auswirkungen von COVID-19-bedingten Einschränkungen (die Älteren werden sich erinnern) auf die Saal-Miete für eine Feier beschäftigt.
JurCase informiert:
Das Urteil des XII. Zivilsenats vom 11.01.2023 (XII ZR 101/21) findest du kostenfrei hier auf der Seite des Bundesgerichtshofs.
Was ist passiert?
Die Beklagten wollten ihre Hochzeit und die Taufe ihres Kindes mit 120 Gästen im Restaurant der Klägerin feiern. Nachdem pandemiebedingt nur noch maximal 50 Gäste zulässig waren, teilten die Beklagten der Klägerin mit, dass die Feier nicht stattfinden werde. Die Klägerin verlangt nun die vereinbarte Miete. Die Beklagten weigern sich zu zahlen.
Worum geht es?
Selbstverständlich muss grundsätzlich gezahlt werden, wenn man aus freien Stücken die Gegenleistung ablehnt. Das ist im Mietrecht nicht anders als im Werkvertragsrecht (dort § 648 BGB). Das Risiko, die Mietsache nicht so verwenden zu können wie vorgestellt, trägt grundsätzlich der Mieter (§ 537 BGB).
Hier hatten aber Pandemie und Politik den Beklagten einen Strich durch einen Teil der Rechnung gemacht. Statt mit 120 Gästen hätten die Beklagten nur noch mit 50 feiern dürfen. Den Stress, 70 Leute auszuladen, wollten sie sich offensichtlich nicht antun. Und wenn man weiß, was allein die Nichtberücksichtigung eines einzigen Gastes anrichten kann – Stichwort Dornröschen! -, lässt sich das wirklich gut nachvollziehen.
Genügt das aber schon, um die vereinbarte Miete nicht zahlen zu müssen? Die Klägerin konnte ja nun auch nichts dafür.
Der BGH widmet sich dieser Frage umfassend und beschäftigt sich dabei vor allem mit
- der Unmöglichkeit der Leistung der Klägerin
- einem Recht zur außerordentlichen Kündigung und dabei auch mit
- der Mangelhaftigkeit der geschuldeten Gebrauchsüberlassung
- einem Kündigungsrecht wegen Störung der Geschäftsgrundlage und dabei besonders mit der Frage, ob es den Beklagten zuzumuten war, am Vertrag festzuhalten.
Hier zuckt dein Prüfungsamt mal wieder vor Begeisterung!
Warum solltest du die Entscheidung noch lesen?
- Der BGH stellt Voraussetzungen und Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage sehr ausführlich und systematisch dar. Du kannst die Entscheidung deshalb gut nutzen, um dir dieses Thema zu erschließen, es zu vertiefen oder zu wiederholen.
- Du kannst dich auch mit der Abgrenzung von Wohn- und Gewerberaummiete beschäftigen. Im prozessualen Bereich spielt das vor allem bei der Zuständigkeit eine Rolle:
- Für Streitigkeiten aus Mietverträgen über Wohnraum sind die Amtsgerichte unabhängig vom Streitwert sachlich zuständig (§ 23 Nr. 2a GVG). Dagegen hängt die sachliche Zuständigkeit für die Gewerberaummiete wie sonst auch davon ab, ob der Streitwert 5.000,00 Euro (nicht) übersteigt (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG).
- Für die örtliche Zuständigkeit wird dagegen nicht unterschieden. Hier ist immer dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich die vermieteten Räume befinden (§ 29a Abs. 1 ZPO).
Und sonst?
Die pandemiebedingten Einschränkungen werfen eine Vielzahl von examensrelevanten Fragen im vertrauten Rahmen des Schuldrechts auf, wie du an der vorliegenden Entscheidung siehst. Deshalb solltest du im Bilde sein.
Hier für dich weitere wichtige BGH-Entscheidungen:
- pandemiebedingte Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts (XII ZR 17/21)
- pandemiebedingte Schließung eines Fitnessstudios (XII ZR 64/21)
- pandemiebedingte Schließung des gebuchten Hotels (X ZR 84/21)
- Stornierung einer Flusskreuzfahrt nach Reisewarnung (X ZR 66/21)
- Rückerstattung des Ticketpreises nach Konzertabsage (VIII ZR 329/21)
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