Jura – trocken, verstaubt, eintönig?!
Immer noch hält sich hartnäckig das Gerücht, Jura sei doch ein total trockener Studiengang, die Inhalte längst verstaubt und unser Alltag eintönig. Dabei ist man bei juristischen Sachverhalten immer nahe am echten Leben, denn dieses schreibt bekanntlich die spannendsten Fälle. Es wird also Zeit, von diesem Stigma über Jura Abstand zu nehmen!
Neue Rechtsgebiete
Längst ist Jura nicht mehr beschränkt auf Kaufverträge, Diebstähle und Verfassungsbeschwerden. Es erschließen sich durch den Einsatz neuer Technologien auch neue Rechtsfragen. Examensklausuren haben bereits den Kauf oder Diebstahl von Bitcoins zum Inhalt oder die Frage, was eigentlich passiert, wenn eine künstliche Intelligenz etwas im Internet bestellt. Durch die fortschreitende Entwicklung und Vernetzung des Weltmarktes treten auch immer neue juristische Fragen auf. Schon länger gibt es an Universitäten Vorlesungen zum IT-Recht (Informationstechnologien), sogar ganze Masterstudiengänge zu diesem Thema. Immer beliebter wird die Kombination von Jura- und Informatikkenntnissen. Dies ist gerade im Bereich Legal-Tech angesagt. Auch zu diesem Thema gibt es ganze Vorlesungen und ganz neu auch einen Masterstudiengang, der sich mit dem Thema befasst. Beim Legal Tech werden juristische Prozesse ganz oder teilweise automatisiert, was zu einer Effizienz- und Qualitätssteigerung führen und Kosten einsparen kann. Das reicht von einfachen Anwendungen wie einer Diktiersoftware bis zu komplexen Algorithmen, die bei der Rechtsberatung zum Einsatz kommen können. Ein bekanntes Unternehmen in diesem Bereich ist „Flightright“, welches die Rechte von Kunden bei annullierten Flügen durchsetzt. Das Besondere ist, dass nur Gebühren gezahlt werden, wenn der Fall gewonnen wird und, dass der Anbieter auf eine Datenbank zurückgreift, durch die der Algorithmus in wenigen Sekunden eine Auskunft geben kann, ob eine Entschädigung zu bekommen ist oder nicht. Das funktioniert aber nur bei Fällen, die sich in großer Zahl immer wieder ähneln. Das würde nicht funktionieren bei komplexerer oder gar höchstrichterlicher Rechtsprechung. Die Fortschritte der Technologie und die Digitalisierung können die juristische Tätigkeit immens erleichtern, sie werden aber niemals die Menschen ganz ersetzen können. Es gibt einfach zu viele Facetten und Unterschiede in Sachverhalten und gerade bei neuen Fragestellungen muss der Mensch eine Richtung in Sachen Rechtsprechung vorgeben. Daher muss sich niemand Sorgen machen, der juristische Arbeitsplatz könnte der Digitalisierung zum Opfer fallen, sondern wir können uns eher darauf freuen, dass uns Arbeit abgenommen wird und wir effizienter und hochwertiger arbeiten können. Es werden beim Einsatz von Legal-Tech-Anwendungen auch zahlreiche Gefahren im Bereich des Datenschutzes und Berufsrechts gesehen. Hier wird sowohl auf die Rechtsethik als auch den Umgang mit Big Data abgestellt. Daher wurden auch verschärfte Regelungen, wie die Datenschutzgrundverordnung, erlassen, die zur Anwendung kommen müssen. Im Bereich der Rechtsethik wird angeführt, eine Maschine könne nicht mit Einzelschicksalen umgehen und gerechte Lösungen im Sonderfall finden. Diese neuen Fragestellungen beschäftigen die Rechtswelt und lassen Jura keineswegs trocken und verstaubt erscheinen.
Jura außerhalb der Norm
Längst ist man mit dem Jurastudium nicht mehr beschränkt auf die klassischen juristischen Berufe beim Staat, der Verwaltung oder der Anwaltschaft. Neue Bereiche erschließen sich immer wieder und Juristen werden auf Grund der hohen Allgemeinbildung, der Fähigkeiten komplexe Sachverhalte zu erfassen und lösungsorientiert zu arbeiten geschätzt. Gerne gesehen ist man mit einem Jurastudium daher im Journalismus, bei Medienhäusern oder Versicherungen. Gerade in der Anwaltschaft gibt es außerdem viele spannende Fachrichtungen, wie die Einführung von neuen Fachanwaltstiteln zeigt. Natürlich kann man ein Rechtsgebiet auch ausüben, ohne einen Fachanwaltstitel zu haben. Der Fachanwaltstitel vermittelt vertiefte Kenntnisse im jeweiligen Gebiet und muss durch Theorieprüfungen, Fortbildungen und eine gewisse Anzahl an Mandaten erworben werden. Ungewöhnliche und interessante Fachanwaltslehrgänge gibt es zum Beispiel zum Medizinrecht, zum Urheber- und Medienrecht, zum Informationstechnologierecht oder seit dem 1.7.2019 zum Sportrecht. Niemand kann behaupten, dass dies Bereiche des Rechts sind, die öde und verstaubt sind. An diesen Beispielen sieht man, dass das Recht sich dynamisch weiterentwickelt und dadurch auch lebhaft und spannend bleibt.
Fazit
Das spannendste an Jura ist, finde ich persönlich, dass alle Fälle aus dem echten Leben kommen. Somit ist Jura ein extrem praxisnaher Studiengang, wo man allerhand Kuriositäten erleben kann. Das Strafrecht steht niemals still, es ergeben sich immer neue Fallkonstellationen, wie die Berliner Raserfälle gezeigt haben. Im Öffentlichen Recht gibt es Gesetzesreformen, wie zum Beispiel zum Wahlrecht. Das Zivilrecht ist stark durch Rechtsprechungen der nationalen und europäischen Gerichte geprägt und passt sich am stärksten der Digitalisierung an. Somit wird man auch nach dem Studium nie aufhören zu lernen, da das Recht sich immer weiterentwickelt!