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Gewusst

Mediation: Meine Schlüsselqualifikation im Studium

By 11. März 2021Oktober 23rd, 2023No Comments
Schlüsselqualifikation

„Du studierst Jura? Ist das Studium nicht extrem trocken?“ – Diese Frage hat wohl jeder Jurastudent im Laufe des Studiums einmal zu hören bekommen.

Doch so trocken ist das Studium nicht. Es gibt bereits während des Studiums zahlreiche Möglichkeiten Praxiserfahrungen zu sammeln. Neben der Teilnahme an einem „Moot Court“ oder einer „Law Clinic“ und den von der Prüfungsordnung geforderten Praktika wird oftmals die Schlüsselqualifikation vergessen!

Was verbirgt sich hinter der Schlüsselqualifikation?

5a Abs. 3 S. 1 des Deutsches Richtergesetzes (DRiG) schreibt vor: Die Inhalte des Studiums berücksichtigen die rechtsprechende, verwaltende und rechtsberatende Praxis einschließlich der hierfür erforderlichen Schlüsselqualifikationen wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit.“

Auch viele Juristenausbildungsgesetze der Bundesländer fordern das Absolvieren einer Schlüsselqualifikation (beispielweise § 1 Abs. 2 S. 2 HmbJAG). Die Studierenden sollen demnach einen Nachweis einer absolvierten Schlüsselqualifikation im Studium erbringen. Hierdurch sollen Ihnen bestimmte Fähigkeiten vermittelt werden, die – neben den juristischen Inhalten – in dem späteren Berufsfeld benötigt werden.

Die Universitäten bieten für den Erwerb der Schlüsselqualifikation üblicherweise Kurse in Form von Kleingruppen an, die entweder wöchentlich während des ganzen Semesters oder aber als Wochenendseminar stattfinden. Die Studierenden können zwischen verschiedenen Schwerpunkten bezüglich der Schlüsselqualifikationen wählen. Eine ungefähre Orientierung für die zumeist angebotenen Schwerpunkte der Schlüsselqualifikationskurse bietet § 5a Abs. 3 S. 1 DRiG: „[…] Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit“. Natürlich können auch weitere Schlüsselqualifikationen angeboten werden, dies unterscheidet sich von Universität zu Universität.

Ich habe an der Universität Hamburg studiert und die Schlüsselqualifikation „Mediation“ gewählt. Dieser Kurs fand als Wochenendseminar (Freitag bis Sonntag) statt. Ebenfalls war die Teilnahme an einem Praxisgespräch erforderlich und nach dem Seminar war ein Bericht anzufertigen, um den Leistungsnachweis zu erlangen.

Einen Konflikt austragen, ohne, dass es einen „Gewinner“ und einen „Verlierer“ gibt – wie soll das nur gehen? Diese Frage stellte ich mir, bevor ich die Schlüsselqualifikation „Mediation“ besuchte. Genaue Vorstellungen von dem Konzept der Mediation hatte ich vorher nicht. Umso größer waren also meine Erwartungen an den Kurs.

Mediation – Was versteht man darunter?

Kurz und knapp gesagt: „Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.“ (§ 1 Abs. 1 Mediationsgesetz)

Und: „Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt.“ (§ 1 Abs. 2 MediationsG)

Mediation ist eine Möglichkeit zur Streitbeilegung. Das Besondere an der Mediation: Sie findet außergerichtlich statt und ist damit zumeist nicht nur kostengünstiger für die Parteien, als die Streitigkeit jahrelang vor Gericht auszutragen, sondern sie bietet auch eine ganz spezielle Art und Weise im Umgang der in Streit stehenden Parteien mit dem Streitthema. Der Mediator tritt dabei als neutrale Person auf, die den Parteien bei der Streitbeilegung zur Seite steht, den Lösungsweg jedoch nicht präsentiert. Die Lösung finden die Parteien während der Mediation vielmehr selbst, so dass mitunter auch Emotionen, die mit der Streitigkeit in Zusammenhang stehen, aufgearbeitet werden können. § 2 Abs. 3 S. 1, 2 des MediationsG beschreibt die Aufgabe des Mediators sehr treffend: „Der Mediator ist allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Er fördert die Kommunikation der Parteien und gewährleistet, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind“.

JurCase informiert:

Falls ihr euch noch intensiver mit der Mediation auseinandersetzen wollt, ist auch dieser JurCase-Beitrag für euch interessant: „Die Hospitation im Rahmen der güterichterlichen Mediation“.

Ablauf meiner Schlüsselqualifikation „Mediation“ – Übung macht den Meister!

Um Mediator zu werden, muss eine Mediationsausbildung absolviert werden. Die Anforderungen an eine solche Mediationsausbildung fasst § 5 Abs. 1 S. 2 MediationsG treffend zusammen:

„Eine geeignete Ausbildung soll insbesondere vermitteln:

  1. Kenntnisse über Grundlagen der Mediation sowie deren Ablauf und Rahmenbedingungen,
  2. Verhandlungs- und Kommunikationstechniken,
  3. Konfliktkompetenz,
  4. Kenntnisse über das Recht der Mediation sowie über die Rolle des Rechts in der Mediation sowie
  5. praktische Übungen, Rollenspiele und Supervision.“

Natürlich wurden wir im Rahmen der Schlüsselqualifikation nicht zu einem Mediator ausgebildet. Um Mediator zu werden bedarf es selbstverständlich mehr als drei Wochenendtage. Aber ich muss sagen, eine Orientierung an den von § 5 Abs. 1 S. 2 MediationsG genannten Anforderungen konnte ich auch in meinem Schlüsselqualifikationskurs beobachten. Uns wurde der Hintergrund der Mediation erklärt und wir bekamen eine Vorstellung davon, wie ein Mediationsverfahren abläuft, und worauf ein Mediator zu achten hat.

Wir absolvierten beispielsweise verschiedene Übungen zur Verbesserung unserer Kommunikationsfähigkeit in Gesprächen. Ganz besonders in Erinnerung ist mir eine Übung zum „aktiven Zuhören“ geblieben. Hier ging es darum, dem Gesprächspartner während seiner Erzählung durch beispielweise Mimik, Gestik oder auch durch Nachfragen und Paraphrasieren das Zuhören zu symbolisieren. Dies führte dazu, dass sich die Gespräche weiterentwickelten und beide Gesprächsparteien offener erzählten. Die Kommunikationsfähigkeit ist natürlich sehr wichtig für den Mediator, um mit den Streitparteien in den Gesprächen zu den „Knackpunkten“ vorzudringen. Ich konnte aus diesen Übungen jedoch auch viel zu meiner eigenen Kommunikationsfähigkeit hinzulernen – abseits von juristischen Streitigkeiten. Wir erprobten uns sodann in der Rolle als Mediator in zahlreichen Gruppenarbeiten – Übung macht eben den Meister! Das Ziel war stets eine Simulation von Streitgesprächen. Hierbei sollte dann die Herangehensweise an eine Streitbeilegung geübt werden, wobei jeder Teilnehmer die Rolle einer Streitpartei oder des Mediators einnehmen konnte. Neben den Simulationen war auch die Feedbackrunde besonders wichtig, um sich selbst weiterzuentwickeln. Das Highlight der Schlüsselqualifikation war schließlich die Simulation eines kleinen Mediationsverfahrens am letzten Tag des Seminars.

JurCase informiert:

An einigen Universitäten werden zusätzlich zum Grundkurs ‚Mediation‘ auch weiterführende Kurse angeboten, wie etwa zur Wirtschaftsmediation z.B. an der Goethe-Universität Frankfurt (Frankfurt am Main, Hessen) und an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz (Mainz, Rheinland-Pfalz).

An folgenden Universitäten in Deutschland findet man beispielsweise Grundkurse zur Mediation:

  • Universität Augsburg (Augsburg, Bayern)
  • Ruhr-Universität-Bochum (Bochum, Nordrhein-Westfalen)
  • Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Bonn, Nordrhein-Westfalen)
  • Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Frankfurt an der Oder, Brandenburg)
  • Justus-Liebig-Uni Gießen (Gießen, Hessen)
  • Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Halle, Sachsen-Anhalt)
  • Universität Hamburg (UHH) (Hamburg, Hamburg)
  • Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Kiel, Schleswig-Holstein)
  • Universität zu Köln (Köln, Nordrhein-Westfalen)
  • Johannes-Gutenberg Universität Mainz (Mainz, Rheinland-Pfalz)
  • Universität des Saarlandes (UdS) (Saarbrücken, Saarland)
  • Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Würzburg, Bayern).

Fazit

Mich hat der Schlüsselqualifikationskurs „Mediation“ total überrascht. Ich habe nicht nur eine neue Möglichkeit der Streitbelegung kennengelernt, die trotz ihres außergerichtlichen Charakters gerade in der „Jura-Welt“ relevant werden und in manchen Fällen sogar einen sinnvolleren Weg als ein Gerichtsverfahren darstellen kann, sondern ich habe auch neue Verhaltensweisen in Konfliktsituationen kennenlernen dürfen.  Einen Konflikt austragen, ohne, dass es einen „Gewinner“ und einen „Verlierer“ gibt – ganz klar, das geht! Am Ende dieses Kurses habe ich mich wie ein „Mini-Mediator“ gefühlt. Diese praktische Erfahrung durch die vielen Rollenspiele hat mir nicht nur für mein Studium, sondern auch für meinen Alltag und meine spätere berufliche Laufbahn wichtige Fähigkeiten und Verhaltensweisen mit auf den Weg gegeben. Die Schlüsselqualifikation ist eine tolle Möglichkeit, Praxiserfahrung zu sammeln und ein bisschen in die späteren Berufsfelder hineinzuschnuppern! Abschließend verbleibt mir wohl nur noch zu sagen: Ein Jurastudium ist gar nicht so trocken, oder?!

Viel Spaß bei eurer Schlüsselqualifikation!

Schlüsselqualifikation

Soft Skills werden immer wichtiger – vor allem im Berufsleben. Es gibt bereits während des Studiums viele Möglichkeiten Praxiserfahrungen zu sammeln. Die angebotenen Schlüsselqualifikationen sind zahlreich.

Welche Schlüsselqualifikationen hast du im Studium und/oder Referendariat wahrgenommen?

[Mehrfachantworten möglich]

Beitragsautor:

Laureen

Laureen

Laureen war zu ihrer Zeit bei uns Diplom-Juristin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich des Strafrechts bei Nagel Schlösser Rechtsanwälte. Sie hat bei uns über verschiedene Themen berichtet, etwa zu ihrem Referendariat und vor allem zu #Gewusst: Aktuelle Rechtsprechung.

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