Meine Verwaltungsstation: „Die Anstalt“
Wer kennt sie nicht, „Die Anstalt“? Die politische Kabarettsendung , deren Studio das Foyer einer psychiatrischen Klinik darstellen soll. Ungefähr so könnt ihr euch meine derzeitige juristische Tätigkeit in der Verwaltungsstation vorstellen: Viele Ärzte, viele verrückte Sachverhalte und eine Rechtsreferendarin mit lachhaften Kenntnissen im öffentlichen Recht.
Die anfängliche Satire
Bereits vor Beginn der Verwaltungsstation war mir bewusst, dass ich nicht die hellste Kerze auf der öffentlich-rechtlichen Torte bin. Es war dennoch erschreckend, wie viel man in den letzten Monaten an öffentlich-rechtlichem Wissen verloren hat. AEUV, GG, POR, SGB, UIG, KrWG … irgendwann während der ersten AG-Sitzung hatte ich nur noch einen Ohrwurm von den Fantas mit „MfG“ und summte vor mich hin.
Da ich mich bei meiner Ausbildungsstelle nicht mit den Worten „Mein Name ist Hase und ich weiß von nichts“ vorstellen wollte, wurden Sporteinheiten durch Lerneinheiten ausgewechselt. Die einzige Muskelgruppe, die ich bei meinen Crashkursen im öffentlichen Recht wirklich intensiv trainiert habe, war meine Kaumuskulatur. Seit meinem letzten Bodybuilding-Wettkampf Ende November 2017 habe ich nun 6 kg zugenommen; Verwaltungsrecht OHNE Nervennahrung würde aber auch ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) darstellen.
Eine Woche nachdem die Verwaltungsstation begonnen hat, fuhr ich – mittlerweile auch selbst fast geformt wie ein Gummibärchen – das erste Mal zu meiner Ausbildungsstation. Ich hatte die Hoffnung, dass ein übermäßiger Konsum von Weingummis die Werbeversprechung (…macht Kinder froh, und die Birthe ebenso…) erfüllt und sich so ebenfalls auf meine Begeisterung für das öffentliche Recht auswirken würde … dem war leider nicht so.
Umso erfreulicher war die Tatsache, dass ich schnell festgestellt habe, dass ich bei meiner Ausbildungsstation relativ wenig mit dem klassischen Verwaltungsrecht zu tun habe.
„Meine Anstalt“
Generell ist die Ausbildungsstation eine juristische Person des öffentlichen Rechts, d.h. eine öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Anstalt. Ich habe mich bei einer Gebietskörperschaft beworben, nämlich bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL). Die ÄKWL ist die berufliche Vertretung der rund 43.500 Ärztinnen und Ärzte, die im Landesteil Westfalen-Lippe ihren Beruf ausüben oder – falls nicht berufstätig – ihren Wohnsitz haben.
Als berufsständische Selbstverwaltungskörperschaft nimmt die ÄKWL die ihr durch das Heilberufsgesetz des Landes NRW übertragene Aufgaben wahr. Dazu gehören primär die Wahrnehmung der beruflichen Belange der Ärzteschaft und Vertretung der ärztlichen Interessen, die Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung sowie die Gestaltung und Weiterentwicklung der ärztlichen Rechte und Überwachung der Berufspflichten. Weitere (juristische) Tätigkeitsfelder sind u.a. die Schlichtung innerärztlicher Streitigkeiten und die Bearbeitung von Patientenbeschwerden. (Quelle: Ärztekammer Westfalen-Lippe).
In den ersten Wochen habe ich bereits ein breites Spektrum der Arbeit meines Ausbilders, dem Justiziar, kennenlernen dürfen. Ein brandaktuelles Thema in der ÄKWL (und in vielen anderen Einrichtungen) ist derzeit die Umsetzung der Datengrundschutzverordnung (DSGVO). Für ein besseres Verständnis habe ich an einigen Informationsveranstaltungen und Konferenzen teilgenommen. Auch gehen diesbezüglich viele Anfragen der Ärzte ein, die beantwortet werden müssen. Schriftliche Anfragen von Ärzten stellen meist meine „Hausaufgabe“ dar, bei denen ich i.d.R. arbeitsrechtliche Fragestellungen mit medizinrechtlichem Bezug beantworten muss. Um eine arbeitsrechtlich Streitigkeit ging es auch bei der Schlichtung, bei der ich anwesend sein durfte. Ziel einer Schlichtung ist die außergerichtliche Klärung von Streitigkeiten, bei der allen Beteiligten eine objektive und kompetenten Streitbeilegung ermöglicht werden soll. In dieser Angelegenheit wurde das Ziel – wie in den überwiegenden Fällen – erreicht.
Halbzeit
Nun ist „Halbzeit“ und ich bin gespannt, was ich bei der ÄKWL noch alles erleben darf. Denn eins steht fest: Kein Tag ist wie der andere. Das Aufgabenspektrum ist so weitläufig, dass man – wie mein Ausbilder so schön sagte – niemals ein unschlagbarer Experte in einem Sachgebiet sein wird, sich aber in der Gesamtheit ein umfangreiches medizinrechtliches Wissen aneignet und einen wahnsinnig aufregenden Beruf ausübt. Ich bin jedenfalls auf die zweite Hälfte gespannt!
Eure Birthe
Alle Erfahrungsberichte von Birthe Mack findet ihr hier!
Die Autorin
Birthe Mack hat zwei sehr unterschiedliche Leidenschaften: Jura und Bodybuilding. In ihren Beiträgen beschreibt sie, welchen Einfluss die eine Passion auf die andere nimmt und berichtet von ihren Erfahrungen während des Referendariats.
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