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Gewusst

Vernehmungslehre – Schlüsselqualifikation

By 3. August 2021No Comments
Schlüsselqualifikation

Vernehmungslehre: Die Suche nach der Wahrheit

Was ist wirklich passiert? Was ist entscheidend für die Urteilsfindung? Wie gehst du mit einem Zeugen um und wie schaffst du es aus einem Zeugen möglichst die Wahrheit „herauszukitzeln“? Dies ist ein Teil der Fragen, welche im Rahmen der Schlüsselqualifikation Vernehmungslehre eine Rolle spielen werden. Schließlich ist die Tatsachenfeststellung eines der zentralen Ziele im Prozess.

Der Umgang mit Zeugen ist für uns natürlich völlig unbekannt, wenn wir nach dem Studium ins Referendariat gehen. Dabei werden wir später vielleicht mal eine Zeugenvernehmung durchführen müssen, sei es als Staatsanwalt, Richter oder aber als Anwalt.

Daher bieten einige Universitäten Vorlesungen an, in denen du lernst, wie du in einer Vernehmung die richtigen Fragen auf die richtige Art und Weise stellst, um der Wahrheit möglichst nahe zu kommen.

JurCase informiert:

Eine solche Schlüsselqualifikation wird etwa in Berlin, Leipzig, Konstanz, Bonn, Regensburg, Köln und Würzburg angeboten, teils als Blockveranstaltungen, teils als Vorlesungen.

Was bringt dir die Schlüsselqualifikation Vernehmungslehre?

Die Wahrheit ist von zentraler Bedeutung für eine spätere Entscheidungsfindung. Kann die Wahrheit nicht ermittelt werden basiert das Urteil vielleicht auf falschen Tatsachen. Der falsche Sachverhalt liegt zugrunde oder im schlimmsten Fall wird die falsche Person verurteilt. Im Studium hast du einen feststehenden Sachverhalt vorgelegt bekommen, auf dessen Grundlage du dein Gutachten schreiben musstest. Was haben wir seit dem ersten Semester immer gehört? Genau: „Der Sachverhalt wird nicht hinterfragt“. Außerhalb von der Universität muss dieser Sachverhalt aber erst noch zusammengesetzt werden. Ein Mittel dafür ist die Vernehmung von Zeugen.

Zentrales Ziel einer Vernehmung ist die Gewinnung von Informationen. Worauf du als Vernehmender achten musst, um an zuverlässige und richtige Informationen zu gelangen, lernst du bei dieser Schlüsselqualifikation.

Was sind die Inhalte der Veranstaltung?

Zentrales Thema der Veranstaltung Vernehmungslehre ist das grundlegende Vorgehen bei einer Vernehmung. Du lernst was es zu vermeiden gilt, damit eine Vernehmung erfolgreich abläuft. Es gibt verschiedenen Vernehmungsarten, die du dabei für dich nutzen kannst.

Ziel ist es der Wahrheit möglichst nahe zu kommen. Dabei ist es nicht hilfreich, wenn der Vernommene verunsichert oder beeinflusst wird.

Je nach Veranstaltung fließen auch psychologische Aspekte mit ein. Du lernst, zwischen Glaubhaftigkeit und Lüge zu unterscheiden oder wie du herausfinden kannst ob jemand noch etwas verschweigt. Dabei können Erkenntnisse der Emotions- und Kognitionsforschung eine Rolle spielen. Du lernst welche psychologischen Voraussetzungen du bei einer Zeugenbefragung beachten solltest. Dabei kann es hilfreich sein zu wissen, wie menschliche Gedächtnisprozesse funktionieren und Erinnerungen an Sachverhalte entstehen. So gibt es einige Faktoren, die die Wahrnehmung, das Behalten und die Reproduktion von Ereignissen beeinflussen und verzerren können.

Du wirst dich darüber hinaus näher mit dem § 241 StPO befassen, der die Zulässigkeit von Fragen regelt. Wann ist eine Frage „ungeeignet“ oder „nicht zur Sache gehörend“? Auch andere Normen der StPO werden näher beleuchtet, etwa § 136 oder § 136a StPO. Verbotene Vernehmungsmethoden werden besprochen, wann gilt etwas noch als „kriminalistische List“ und wann als verboten?

JurCase informiert:

Die §§ 136, 136a StPO sind bereits im Jurastudium zentral, denn nicht selten finden sich in der Examensklausur zum Strafrecht strafprozessuale Fragen, die ein gewisses Wissen von diesen Normen abverlangen.

Der Umgang mit besonderen Zeugengruppen wird außerdem auch eine Rolle spielen. So hat man bei der Vernehmung von Kindern, geistig behinderten oder aber traumatisierten Menschen zusätzliche Dinge zu beachten, um die Situation für den Vernommenen so angenehm wie möglich zu gestalten.

Dabei lernst du, welche Fehler es unbedingt zu vermeiden gilt. Manche Fragestellungen sind in einer Hauptverhandlung unzulässig und können unter Umständen beanstandet werden. Damit das nicht passiert, lernst du deine Fragen offen zu formulieren und nicht bereits eine Antwort zu suggerieren.

Auch erfährst du wie du eine positive Vernehmungsatmosphäre schaffst, um es dem Befragten möglich zu machen sich an Gefragtes besser zu erinnern ohne durch Stress oder Erregung Teile zu vergessen. Dies kann etwa geschehen, indem man sich langsam zum Kernproblem vortastet. Auch kann es hilfreich sein die Sprache zu vereinfachen und kurze Sätze zu bilden. Du lernst eindeutige Fragen zu stellen und den Vernommenen gleichzeitig nicht zu überfordern.

Auch wirst du lernen, wann es sinnvoll sein kann Ja/Nein-Fragen zu stellen und was der Unterschied zwischen einer Gegensatzfrage und einer Auswahlfrage ist. (Spoiler: Eine Gegensatzfrage wäre z. B. „Hund oder Katze?“ oder „Warm oder kalt?“ und eine Auswahlfrage ist dir vielleicht schon einmal in einem Fragebogen aufgefallen, wenn du zwischen verschiedene Antwortmöglichkeiten, diejenige auswählen solltest, die am ehesten auf dich passt.)

Aber nicht nur was gesagt wird kann zur Wahrheitsfindung beitragen. Auch die Art und Weise und die Körpersprache können Aufschluss über den Wahrheitsgehalt einer Aussage geben. Du lernst also auch die Gestik und die Mimik deines Gesprächspartners zu interpretieren und entsprechend auf sie zu reagieren.

Das Gelernte wird häufig durch Textanalysen oder in Gruppenarbeiten erprobt und vertieft, in Regensburg hast du die Möglichkeit eine Übungsvernehmung zu leiten

JurCase informiert:

An den meisten Unis ist ein „Sitzschein“ zu erwerben, wie etwa in Leipzig oder in Köln.

Fazit

Mit der Schlüsselqualifikation Vernehmungslehre bist du gut gewappnet, solltest du später selber einen Zeugen vernehmen. Während das Studium sonst voll von Theorie ist, lernst du hier praktische Tricks. Du kannst deine Gesprächsführung verbessern und auch psychologische Kniffe lernen, die dir nützlich werden können. Überhaupt wirst du ein besseres Gespür für Kommunikation bekommen und das kann dir nicht nur im juristischen Alltag zu Gute kommen.

Nimm dir doch bei Gelegenheit mal fünf Minuten Zeit und googel „selective attention test“: Wärst du ein guter Zeuge?

Schlüsselqualifikation

Soft Skills werden immer wichtiger – vor allem im Berufsleben. Es gibt bereits während des Studiums viele Möglichkeiten Praxiserfahrungen zu sammeln. Die angebotenen Schlüsselqualifikationen sind zahlreich.

Welche Schlüsselqualifikationen hast du im Studium und/oder Referendariat wahrgenommen?

[Mehrfachantworten möglich]

Beitragsautor:

Elena Hofacker

Elena Hofacker

Elena ist Diplom-Juristin, die sich für einen alternativen Karriereweg entschieden hat. Für JurCase war sie hauptsächlich für unsere Rubrik #Schlüsselqualifikationen zuständig.

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