Prozesskostenhilfe
Hintergrund, Voraussetzungen und gesetzliche Grundlage
Die Examensrelevanz des Themas Prozesskostenhilfe dürfte zwar nicht allzu hoch sein, jedoch kann es trotzdem in Klausuren eine Rolle spielen und sollte daher in Grundzügen bekannt sein. Auch wird vielen Referendaren ein „PKH Antrag“ früher oder später im Rahmen der Zivilstation begegnen, sodass man sich zumindest Mal einen groben Überblick verschaffen sollte. Der folgende Beitrag soll euch einen kurzen Überblick über die Thematik liefern und euch zeigen, wie ihr bei der Aktenbearbeitung mit einem Antrag auf Prozesskostenhilfe umgeht.
Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe
Dass es so etwas gibt, ist den meisten sicher schon bekannt gewesen. Wie genau das Verfahren in der Praxis abläuft, wer Prozesskostenhilfe bekommt und welche Besonderheiten es zu beachten gibt dürfte einem jedoch wohl nur geläufig sein, wenn man sich schon einmal näher damit beschäftigt hat. Grundsätzlich kann man Prozesskostenhilfe als Sozialhilfe des Staates beschreiben, die der Verwirklichung von Rechtsschutzgleichheit dient. Nicht nur diejenigen, die es sich leisten können, sollen Zugang zu den Gerichten erhalten. Dies betrifft daher besonders die Grundrechte des Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG, sodass die Entscheidung darüber, ob jemandem PKH gewährt wird oder nicht, eine besondere Grundrechtsrelevanz hat.
Zwar hat nach § 91 ZPO grundsätzlich der unterliegende Teil die Kosten zu tragen, jedoch wird auch ein letztlich erfolgreicher Kläger zu Beginn mit Kosten konfrontiert. So wird die Klage i.d.R. nur zugestellt, nachdem der Gerichtskostenvorschuss eingezahlt wurde. Auch Vorschusszahlungen für Zeugen oder Sachverständige können eine wirtschaftlich schwache Partei überfordern.
Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass jede Rechtsverfolgung, sei sie noch so aussichtslos, mit staatlichen Mitteln finanziert wird. Dies würde den Zweck der Prozesskostenhilfe ins Gegenteil verkehren, denn so würden Mittel, welche für wirklich bedürftige Menschen benötigt werden, für von vornherein erfolglose Verfahren verbraucht.
Voraussetzungen für die Bewilligung
Um also eine objektiv überprüfbare Bewilligungspraxis zu gewährleisten, finden die §§ 114 ff. ZPO Anwendung. Die wesentlichen Voraussetzungen für die Bewilligung sind die Anwendbarkeit der Vorschriften, die Bedürftigkeit des Antragstellers, ein entsprechender Antrag, die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung sowie die fehlende Mutwilligkeit.
Anwendbarkeit der § 114 ff. ZPO
Anwendbar sind die Vorschriften der § 114 ff. ZPO für zukünftige oder bereits anhängige Verfahren, nicht jedoch für das Prozesskostenhilfeverfahren selbst. Auch im einstweiligen Rechtsschutz oder beim selbständigen Beweisverfahren kann Prozesskostenhilfe gewährt werden; um eine Klage muss es sich demnach nicht handeln.
Antrag, § 117 ZPO
Der Antrag nach § 117 ZPO setzt das Bewilligungsverfahren in Gang. Eine Gewährung von Amts wegen erfolgt nicht, sondern eben nur nach einem entsprechenden Antrag. Anwaltszwang besteht nach § 78 Abs. 3 ZPO nicht. Oft wird der Antrag gemeinsam mit einem Entwurf der Klageschrift eingereicht. Hierbei ist wichtig, dass die Klageschrift als Entwurf gekennzeichnet und nicht unterschrieben wird – nur so wird deutlich, dass die Erhebung der Klage abhängig von der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe gemacht wird.
Bedürftigkeit, § 114 Abs. 1 ZPO
Wann der Antragsteller bedürftig ist, ist anhand festgelegter Kriterien zu ermitteln und kann sich im Einzelfall schwierig gestalten. Dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe muss eine Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers beigefügt werden, wobei die Angaben mit entsprechenden Belegen zu versehen sind. Für die Erklärung ist ein bundeseinheitliches Formular zu verwenden. Die Partei muss sowohl ihr Einkommen als auch ihr Vermögen zur Rechtsverfolgung einsetzen. Zunächst müssen also die Einkünfte berechnet werden. Hierbei werden Freibeträge, Unterhaltsleistungen, Kosten für Unterkunft und Mehrbedarfe nach dem SGB II und SGB XII abgezogen. Vermögen muss im Rahmen des Zumutbaren eingesetzt werden. Zu beachten ist, dass hier unter Umständen auch beispielsweise Lebensversicherungen einbezogen werden, welche zwar nicht gekündigt, aber beliehen werden müssen.
Verbleiben einer Partei nach der Berechnung ausreichend Mittel um die Prozesskosten zumindest teilweise zu tragen, wird mit der Bewilligung Ratenzahlung angeordnet. Anderenfalls wird PKH ohne Ratenzahlung bewilligt.
Hinreichende Erfolgsaussicht, § 114 Abs. 1 ZPO
In diesem Punkt ist zu prüfen, ob eine Klage oder die Verteidigung gegen eine solche von vornherein aussichtslos wäre. Hier wird also die Schlüssigkeit der Klage oder die Erheblichkeit der Einwendungen geprüft. Eine Beweisaufnahme erfolgt in der Regel nicht. Wird jedoch eine Beweisaufnahme in der Hauptsache voraussichtlich erforderlich sein, spricht dies gegen eine von vornherein bestehende Aussichtslosigkeit der Klage, sodass i.d.R. Prozesskostenhilfe zu gewähren ist.
Keine Mutwilligkeit, § 114 Abs. 2 ZPO
Damit Prozesskostenhilfe nicht missbräuchlich in Anspruch genommen wird, darf die Rechtsverfolgung nicht mutwillig sein, § 114 Abs. 2 ZPO. In diesem Falle wäre – trotz hinreichender Erfolgsaussicht – der Antrag auf PKH abzulehnen. Mutwilligkeit wird angenommen, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Dies ist z.B. der Fall, wenn das mit der Klage verfolgte Ziel auch auf eine andere, einfachere Weise erreicht werden könnte.
Fazit
Die Berechnung des PKH-Anspruchs kann sich mitunter in komplizierten Einzelfragen verlieren und wird in dieser Form in Klausuren nicht erwartet. Grundlegendes sollte jedoch bekannt sein und kann einem, gerade im Rahmen von Anwaltsklausuren, begegnen. Die Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung folgt hier bekannten Grundsätzen, sodass auch eine solche Klausur nicht viel zusätzliches Detailwissen verlangt und gut gelöst werden kann.
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