Die Grundsätze des Erkenntnisverfahrens
Das Zivilprozessrecht regelt die prozessrechtlichen Aspekte zur Durchsetzung bestehender materieller Ansprüche in der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Staat, dem das Justizmonopol zusteht, gibt hier jedem Einzelnen einen Justizgewährungsanspruch. Das bedeutet, es besteht ein Anspruch darauf, dass die angerufenen Justizorgane tätig werden. Im Zivilprozess lassen sich die Verfahren wie folgt aufteilen: Das Erkenntnisverfahren beschränkt sich auf die richterliche Überprüfung des geltend gemachten Rechts und endet mit einer verbindlichen Feststellung über die Existent eines Anspruchs, das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses oder durch konstitutive Gestaltung eines Rechtsverhältnisses.
Das Zwangsvollstreckungsverfahren dient der zwangsweisen Durchsetzung bestehender Ansprüche auf eine Leistung (§§ 704 bis 915 ZPO). Der Vollstreckungstitel kann aus einem Urteil bestehen oder anderen in § 794 ZPO genannten Titeln. Das Arrestverfahren und die einstweilige Verfügung können zur Sicherung künftiger Rechtsdurchsetzung und zur einstweiligen Regelung eines gefährdeten Rechtsverhältnisses eine vorläufige, sichernde Regelung treffen (§§ 916 bis 945 ZPO). Der Zivilprozess zeichnet sich dadurch aus, dass sich die beteiligten Parteien gleichgeordnet gegenüberstehen.
Dieser Artikel beschränkt sich auf die Grundsätze der Erkenntnisverfahrens.
Die Grundlagen der ZPO
Zunächst muss festgestellt werden, welches Gericht für eine Klage zuständig ist.
Es bestehen fünf Rechtswege nach Art. 95 GG:
- Die ordentliche Gerichtsbarkeit, die aus Amtsgerichten (AG), Landgerichten (LG), Oberlandesgerichten (OLG) und dem Bundesgerichtshof (BGH) besteht.
- Die Arbeitsgerichtsbarkeit, die ebenfalls aus Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht besteht.
- Die Finanzgerichtsbarkeit, bestehend aus den Finanzgerichten und dem Bundesfinanzhof.
- Die Sozialgerichtsbarkeit, bestehend aus Sozialgerichten, Landessozialgerichten und dem Bundessozialgericht.
- Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, bestehend aus Verwaltungsgerichten, den Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht.
JurCase informiert:
Gerade für mündliche Prüfungen sollte man alle obersten Gerichtshöfe und deren Standorte kennen!
Liegt ein Fall der ordentlichen Gerichtsbarkeit vor, und handelt es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit (vgl. § 13 GVG), so kommt es auf die konkret sachliche Zuständigkeit an. Die Amtsgerichte sind nach §§ 23 bis 23b GVG zuständig, wenn der Streitwert bei genau oder unter 5.000 € liegt, es sich um eine Streitigkeit im Mietverhältnis handelt oder in den anderen genannten Fällen.
Die Landgerichte sind in 1. Instanz nach § 71 GVG zuständig, wenn der Streitwert mindestens 5.000,01 € beträgt, in Staatshaftungssachen und außerdem in der Regel in der Berufungs- und Beschwerdeinstanz für Entscheidungen des Amtsgerichts, § 72 GVG.
Das Oberlandesgericht ist gem. § 119 GVG Berufungs- oder Beschwerdeinstanz für Entscheidungen der unteren Gerichte.
Der Zivilsenat des BGH ist zuständig für die Rechtsmittel Revision, Sprungrevision und Rechtsbeschwerde. Er ist das ausschließliche Revisionsgericht!
Die örtliche Zuständigkeit sollte nicht zu voreilig angenommen werden, denn hier gibt es einige Sonderfälle zu beachten. Der allgemeine örtliche Gerichtsstand findet sich in §§12 – 19 ZPO und ist am Wohnsitz des Beklagten, also an dem Gericht der Stadt, in dem der Beklagte wohnt. Dies wird damit begründet, dass dieser schon durch die Klage unfreiwillig belastet ist, ihm sollen nicht noch weite Reisen auferlegt werden. Es können besondere, abweichende Gerichtsstände vorliegen nach §§21, 27, 29, 32 ZPO. Wird durch das Gesetz ein ausschließlicher Gerichtsstand festgelegt, so verdrängt er alle anderen, §40 ZPO. Wichtig ist noch §35 ZPO, nachdem der Kläger unter mehreren Gerichtsständen frei wählen kann.
JurCase informiert:
Ein Fall der ausschließlichen Zuständigkeit ist etwa in § 802 ZPO bzgl. Fragen der Zwangsvollstreckung normiert. Da das Zwangsvollstreckungsrecht im Jurastudium gerne vernachlässigt wird, wird diese Regelung gerne von Studenten übersehen.
Die Verfahrensgrundsätze im Zivilprozess
Die Verfahrensgrundsätze sind in jedem Zivilverfahren zu beachten und bestehen aus Rechten und Pflichten für alle Parteien.
Das Recht auf Gehör (Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 103 Abs. 1 GG) ermöglicht den Parteien, zur Sache vor einer Entscheidung des Gerichts gehört zu werden.
Die Dispositionsmaxime ist die zivilprozessuale Kehrseite der Privatautonomie: Sie legt es in die Hände der Parteien, ob und wann, worüber und wie lange prozessiert wird. Der Streitgegenstand steht zur Disposition der Parteien (dies wird zum Ausdruck gebracht unter anderem in §253 ZPO der Klageerhebung, §308 Abs. 1 ZPO der Antragsmaxime, §269 ZPO der Klagerücknahme).
Weiterhin gilt die Verhandlungsmaxime. Danach obliegt die Rechtsfindung dem Gericht und es findet keine Tatsachenaufklärung von Amts wegen statt. Das Gericht darf nur diejenigen Tatsachen seiner Entscheidung zugrunde legen, die von den Parteien in der mündlichen Verhandlung zur Sprache gebracht wurden.
Außerdem gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit, § 169 GVG, der das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz stärken soll und außerdem ein Kontrollmechanismus ist. In manchen Fällen kann das Interesse der Beteiligten am Verfahren überwiegen, sodass die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird (§§ 170, 171b, 172 GVG). Damit gilt auch der Grundsatz der Mündlichkeit, auch wenn in Schriftsätzen die Verhandlung vorbereitet werden kann, kann der Entscheidung nur das zu Grunde liegen, was in der Verhandlung mündlich vorgetragen wurde. In der Praxis wird häufig auf die Schriftsätze Bezug genommen, diese werden nicht noch einmal vollständig verlesen.
Weiterhin gilt die Konzentrationsmaxime, nach § 272 ZPO soll der Rechtsstreit in einem umfassend vorbereiteten Termin erledigt werden. Zuletzt gilt der Unmittelbarkeitsgrundsatz, die mündliche Verhandlung muss vor dem Gericht erfolgen, das den Rechtsstreit entscheidet.
Die Klageerhebung
Es können drei Arten von Klagen erhoben werden:
Eine Leistungsklage, die auf den Anspruch des Klägers gegen den Beklagten gerichtet ist und mit einem Vollstreckungstitel endet, z. B. zur Zahlung einer Geldsumme oder Herausgabe einer Sache.
Die Gestaltungsklage zielt auf die Umgestaltung eines zwischen den Parteien unstreitig bestehenden Rechtsverhältnisses durch konstitutives Urteil, z. B. einer Scheidung, einer Drittwiderspruchsklage oder Vollstreckungsgegenklage.
Die Feststellungsklage zielt auf die verbindliche richterliche Feststellung ab, dass zwischen den streitenden Parteien ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht. Das Feststellungsurteil ändert nicht die Rechtslage, so wie die Gestaltungsklage, sondern stellt sie nur fest.
Die Klageschrift muss nach § 253 Abs. 2 ZPO die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts enthalten, den Klageantrag und den Klagegrund und kann nach § 253 Abs. 4 ZPO auch die Beweismittel enthalten. Der Prozess wird durch die Klageerhebung in Gang gesetzt. Wenn die Klage bei Gericht eingereicht wird, dann ist sie anhängig. Wird die Klage dann dem Beklagten durch das Gericht zugestellt, dann wird sie rechtshängig. In Prozessen nach § 78 ZPO herrscht Anwaltszwang, die Parteien können sich dann nicht selbst vertreten. Selber vertreten können sich die Parteien in der Regel bei Prozessen vor dem Amtsgericht, außer in Familiensachen (§ 114 Abs. 1 FamFG).
Fazit
Die ZPO zeichnet sich dadurch aus, dass auch viele Paragrafen von anderen Gesetzen wie dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) oder dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen (FamFG) relevant werden. Außerdem ist die ZPO ein sehr umfangreiches Gesetz, was sowohl den verschiedenen Konstellationen geschuldet ist, die abgedeckt werden, also auch den Verfahrensstadien. Man sollte sich daher mit den Regelungen vertraut machen, um sie in der Klausur schnell anwenden zu können.