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Die TOP 10 Urteile für dein Examen im Öffentlichen Recht

By 5. Oktober 2021Oktober 11th, 2023No Comments
Aktuelle Rechtsprechung

Diese aktuelle Rechtsprechung im Öffentlichen Recht (Verfassungsrecht, Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht sowie Europarecht) aus den Jahren 2019, 2020 und 2021 solltest du für dein Examen und deine mündliche Prüfung kennen!

Hiermit möchten wir dir die aktuell wichtigste Rechtsprechung, die Top 10 Urteile im Öffentlichen Recht aus den Jahren 2019, 2020 und 2021 zur Vorbereitung auf dein schriftliches Examen und / oder deine mündliche Prüfung vorstellen [Stand: August 2021]:

Nr. 1 – BVerfG 2 BvR 2347/15 – Urteil vom 26.02.2020

Das BVerfG erklärt in diesem Urteil den § 217 StGB, welcher die geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe stellt, als verfassungswidrig. Der BVerfG schafft damit ein Grundrecht auf Suizid, welches durch § 217 StGB verletzt wird. Abgeleitet wird dieses Grundrecht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Art. 2 i.V.m. Art. 1 GG.

Außerdem geht es in dem Urteil um mögliche Verletzung von Ärzt:innen, Rechtsanwält:innen und Sterbehilfevereinen, welche sich ihrerseits unter anderem auf Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG berufen können.

JurCase informiert:

§ 217 StGB hatte jede Form der Geschäftsmäßigkeit im Rahmen der Sterbehilfe unter Strafe gestellt. Entscheidend hierfür war auf der subjektiven Seite die Wiederholungsabsicht. Dieser Straftatbestand verletzt jedoch dem BVerfG zufolge das Recht auf selbstbestimmtes Sterben.

Nr. 2 – EuGH C-66/18 – Urteil vom 06.10.2020

Der EuGH stellt im Vertragsverletzungsverfahren mehrere Verstöße des geänderten ungarischen Hochschulgesetzes gegen Unionsrecht fest. Konkret geht es um eine Bestimmung, die Hochschulen mit Sitz außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes untersagt, innerhalb Ungarns Lehre anbieten zu dürfen, wenn kein entsprechender völkerrechtlicher Vertrag besteht. Außerdem müssen die entsprechenden Hochschulen auch in ihrem Herkunftsstaat Lehre anbieten.

Es werden Verstöße gegen das GATS-Abkommen, sowie ungerechtfertigte Verstöße gegen die Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV und die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV festgestellt.

JurCase informiert:

Derartige Fälle bieten Anlass, dem Prüfling Fragen zu den möglichen Verfahrensarten vor dem EuGH, der entsprechende Vorlagepflicht und der Prüfung der Grundfreiheiten aus der AEUV zu stellen.

Nr. 3 – VerfGH Thüringen 18/20 – Urteil vom 01.03.2021

In einer der ersten verfassungsgerichtlichen Entscheidungen im Zuge der Covid-19 Pandemie, die nicht im Wege des Eilrechtsschutzes ergangen ist, behandelt der Verfassungsgerichtshof das Mindestabstandsgebot und den § 28 Abs. 1 IfSG als Ermächtigungsgrundlage für Corona-Verordnungen.

Es geht um den § 1 MaßnFortentwVO in der Fassung vom Mai 2020, welcher in Abs. 1 S. 2 einen Mindestabstand von 1,50 Meter vorsieht. Außerdem sah der VerfGH Thüringen keinen Verstoß gegen den Wesentlichkeitsvorbehalt, wenn Eingriffe auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 IfSG gestützt werden.

JurCase informiert:

Die Generalklausel des § 28 IfSG wird hier zumindest für den Anfang der Pandemie als zulässige Generalklausel für verschiedene Eingriffe in Grundrechte festgestellt. Die Ermächtigung zum Erlass aller weiteren notwendigen Schutzmaßnahmen ist allerdings nur so lange anwendbar, solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Nr. 4 – BVerfG 2 BvR 559/15 – Urteil vom 05.05.2020

Die Auslegung des Unionsrechts obliegt, vom BVerfG festgestellt, dem EuGH. Die Urteile des EuGH sind auch von dem BVerfG hinzunehmen. Ausnahmen von diesem Grundsatz lassen sich lediglich treffen, wenn der EuGH objektiv willkürlich urteilt oder außerhalb seiner Kompetenzen agiert.

Konkret geht es in diesem Urteil um die Maßnahmen der EZB, welche im Rahmen der Prüfung einer „offensichtlichen Kompetenzüberschreitung“ dem EuGH unterliegen. Wegen der Pflicht zur Einhaltung des Prinzipes der begrenzten Einzelermächtigung Art. 5 Abs. 1 AEUV kann diese Methodik des EuGHs nicht überzeugen. Das Urteil stellt insofern einen ultra-vires-Akt dar.

JurCase informiert:

Als ultra-vires-Akt (lat.: „über die Kräfte hinaus“) wird ein Rechtsakt außerhalb der von dem nationalen Gesetzgeber an die EU übertragenen Kompetenzen bezeichnet, was von dem BVerfG überprüft werden muss. Der EuGH handelte hier durch das Urteil außerhalb seiner Kompetenzen aus Art. 19 Abs. 1 S. 2 EUV.

Nr. 5 – BVerwG 9 A 7.19 – Urteil vom 03.11.2020

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über einen 18 Kilometer langen Tunnel, der an der deutschen Ostseeküste unter dem Meer verlaufend Lolland mit dem Festland von Dänemark verbinden soll. Naturschutzverbände, Fährunternehmen und die Stadt Fehmarn hatten Klagen gegen das Bauprojekt auf Zweifel an Verkehrsprognosen und gravierenden zu erwartenden Umweltauswirkungen gestützt.

Das BVerwG sieht den Plan jedoch insbesondere wegen eines 2008 zwischen Deutschland und Dänemark geschlossenen Staatsvertrag als begründet an. Mögliche Verstöße werden im Urteil entkräftet.

JurCase informiert:

Neben Fragen zu Verwaltungs- und Baurecht wirft der Fall auch Probleme bei der Zulässigkeit der Klage auf. Es stellen sich außerdem Fragen zum Staatsvertrag und damit zu Grundzügen des Staatsorganisationsrechts, und weiter auch zur Einhaltung von unionsrechtlichen Richtlinien.

Nr. 6 – VerfGBbg 9/19 – Urteil vom 23.08.2020

Vgl. auch VerfGBbg 55/19, VerfGH Thüringen Az. 9/2020

Das Urteil behandelt ein Organstreitverfahren der NPD sowie der AfD vor dem Landesverfassungsgericht, und weitere Verfassungsbeschwerden derselben Beschwerdeführer. Gegenstand der Beschwerden ist das Parité-Gesetz (Zweites Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Landeswahlgesetz, GVB.I/19).

Durch dieses Gesetz wären die politischen Parteien jeweils verpflichtet, alternierend Frauen und Männer auf ihren Landeslisten aufzustellen. Zum Gegenstand der Verletzung wird vorgetragen, dass die Parteien in Organisations- und Programmfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien beeinträchtigt wären. Weiter sei der demokratische Willensbildungsprozess beeinflusst, die Wahlen könnten so nicht mehr frei und offen sein. Das Verfassungsgericht beschäftigt sich vorliegend mit diesen Fragen.

JurCase informiert:

Diese Fragen stellen sich länderübergreifend. In Bayern, Thüringen sowie nun auch Brandenburg wurde ein derartiges Paritätsgesetz als überwiegend verfassungswidrig erklärt.

Nr. 7 – OVG Rheinland-Pfalz 10 A 10302/21 – Urteil vom 25.06.2021

Der Eigentümer eines Grundstücks klagt gegen die Einrichtung und Benutzung einer Überwachungskamera, die zumindest einen Teil seiner Grundstückszufahrt dauerhaft aufzeichnet. Die Aufzeichnungen werden für 48 Stunden gespeichert und danach automatisch gelöscht.

Das OVG beschäftigt sich maßgeblich mit der Frage, ob der Anwendungsbereich der einschlägigen DS-GVO eröffnet ist.

JurCase informiert:

Entscheidend ist hier der Art. 58 DS-GVO. Ein dementsprechendes Verbot muss sich seinerseits am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz messen.

Nr. 8 – BVerfG 1 BvR 2835/17 – Urteil vom 19.05.2020

Die Entscheidung behandelt eine Verfassungsbeschwerde mit dem Gegenstand der sogenannten Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes, welche allein auf die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs von im Ausland befindlichen Ausländer:innen zielt. Diese Regelungen finden sich in den einschlägigen Normen des BNDG, insbesondere §§ 6 ff. BNDG.

Das BVerfG stellt die Bindungswirkung an deutsche Grundrechte nach Art. 1 Abs. 3 GG auch außerhalb des Staatsgebietes fest. Die Regelungen des BNDG verletzen das Zitiergebot aus Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG. Außerdem erfüllt das Gesetz nicht die materiellen Anforderungen an den gebotenen Grundrechtsschutz.

JurCase informiert:

Ein Gesetz muss sich an den Werten des Grundgesetzes messen lassen und mit ihnen im Einklang stehen. Die entscheidenden Prinzipien, hier u.a. das Zitiergebot und der Bestimmheitsgrundsatz, müssen in der Prüfung beherrscht werden.

Nr. 9 – EuGH C-591/17 – Urteil vom 18.06.2019

Die Republik Österreich klagt vorliegend gegen die Bundesrepublik Deutschland. Diese sei ihren Pflichten aus Art. 18, 34, 56 und 92 AEUV nicht nachgekommen. Gegenstand der Klage ist die deutsche Vignette für die Benutzung von Bundesfernstraßen durch Personenkraftwagen.

Außerdem wird eine entsprechende EU-Richtlinie dazu behandelt.

JurCase informiert:

Dieser Fall bietet Gelegenheit, die Folgen eines Verfahrens vor dem EuGH abzufragen. Dieser kann hier grundsätzlich nur ein Feststellungsurteil erlassen.

Nr. 10 – BVerfG 1 BvL 7/16 – Urteil vom 05.11.2019

Das BVerfG beschäftigt sich maßgeblich mit der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Abgeleitet wird diese Pflicht für den Staat aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG.

Genauer geht es um die Frage, ob die in den § 31a Abs. 1 und § 31b SGB II normierte Minderung der „Hartz IV“ Geldleistung bei fehlender Mitwirkung diesen Grundsätzen gerecht werden kann. Der BVerfG legt die Mitwirkungspflicht als grundsätzlich zulässig fest, bestimmt aber zudem einen strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstab für deren Ausgestaltung. Die Ausgestaltung der beanstandeten Normen ist hier letztlich nicht verhältnismäßig.

JurCase informiert:

Um verhältnismäßig zu sein, muss eine Norm ein legitimes Ziel auf geeignete Weise verfolgen, erforderlich und letztendlich auch angemessen für diese Zielerreichung sein. Während die normierten Mitwirkungspflichten zwar ein legitimes Ziel, die dauerhafte Finanzierbarkeit der Sozialhilfe, verfolgen, sind die Leistungskürzungen in unzumutbarer, existenzgefährdender Höhe jedoch nicht angemessen.

 

Aktuelle Rechtsprechung

Die aktuelle Rechtsprechung ist zur Vorbereitung auf dein schriftliches Examen und / oder deine mündliche Prüfung zwingend zu kennen. Daher fragen wir dich:

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Beitragsautor:

Luca Willemsen

Luca Willemsen

Luca studierte Rechtswissenschaften an der Universität in Trier und möchte seinen Vorbereitungsdienst im Regierungsbezirk Düsseldorf oder Köln absolvieren. Für JurCase ist er aktuell vor allem für aktuelle Rechtsprechung zuständig.

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