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Die TOP 10 Beschlüsse für dein Examen im Strafrecht

By 30. April 2021Oktober 11th, 2023No Comments
Aktuelle Rechtsprechung

Diese aktuelle Rechtsprechung im Straf- und Strafprozessrecht aus den Jahren 2020 und 2021 solltest du für dein Staatsexamen kennen!

Hiermit möchten wir dir die aktuell wichtigste Rechtsprechung, die Top 10 Beschlüsse im Strafrecht aus den Jahren 2020 und 2021 zur Vorbereitung auf dein schriftliches Examen und / oder deine mündliche Prüfung vorstellen [Stand: Mai 2021]:

Nr. 1 – BGH 3 StR 526/19 – Beschluss vom 22.01.2020

In diesem Fall verurteilte zunächst das Landgericht den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Der Angeklagte hatte sich dabei im Vorfeld der Tatplanung mittels Todesanzeigen in der Tageszeitung darüber informiert, dass die Bewohner der Wohnungen gestorben waren.

Die Voraussetzungen eines Wohnungseinbruchsdiebstahls sind vorliegend erfüllt. Nach Sinn und Zweck soll die Vorschrift das Eigentum an höchstpersönlichen Gegenständen sowie die häusliche Integrität schützen. Dieser Schutz wirkt dem Bundesgerichtshof zufolge auch nach dem Tod weiter, wenn die Rechtsgüter neben den verstorbenen Einwohnern auch weiteren Personen zuzuordnen sind.

JurCase informiert:

Wohnungen i.S.d. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB sind abgeschlossene, überdachte Räumlichkeiten, die Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dienen. Diese Definition kann vor allem in der mündlichen Prüfung abgefragt werden. Gleiches gilt für die juristischen Auslegungsmethoden, Wortlaut, Systematik, sowie Sinn und Zweck. Diese sollten jedoch nicht nur in jeder Prüfung beherrscht werden, sondern – wenn möglich – auch zur Anwendung kommen.

Nr. 2 – BGH 4 StR 95/20 – Beschluss vom 14.01.2021

Der Angeklagte schlug mit einem Hammer auf sein Opfer und eine nebenstehende Person ein. Dabei hielt er es für möglich, dass der Hammer jedenfalls eine der beiden Personen trifft. Der Angeklagte traf sein Opfer leicht am Kopf, das Landgericht verurteilte ihn wegen sowohl vollendeter als auch versuchter gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB gegen die getroffene und die nebenstehende Person.

Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil auf und nahm einen Alternativvorsatz des Täters an. Demnach hielt der Täter es nur für möglich, ein Opfer zu treffen. Der Vorsatz bezüglich des anderen möglichen Opfers ist ausgeschlossen.

JurCase informiert:

Hier sollten nicht nur die Definitionen der verschiedenen Nummern der gefährlichen Körperverletzung beherrscht werden (vor allem bei der mündlichen Prüfung), sondern in jedem Fall wäre hier auch § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu thematisieren, da der Hammerschlag gegen den Kopf des Opfers gerichtet war. Die größtenteils herrschende Meinung lässt hier eine abstrakte Lebensgefahr ausreichen, während ein geringerer Anteil zusätzlich eine konkrete Lebensgefahr fordert. Hätte der Täter es übrigens für möglich gehalten, dass beide Opfer getroffen werden, läge ein Fall des kumulativen Vorsatzes vor.

Nr. 3 – BayObLG München – 207 StRR 2737/19 – Beschluss vom 10.01.2020

Der Angeklagte war für die Durchführung der Kfz-Hauptuntersuchung zuständig. Obwohl er erhebliche Mängel an einem Fahrzeug feststellte, fertigte er eine TÜV-Plakette mit eingetragener nächster Hauptuntersuchung ohne Mängelbericht an. Angenommen wurde hier die Strafbarkeit gemäß § 267 Abs. 1 Var. 1 StGB, die TÜV-Plakette soll dabei eine zusammengesetzte Urkunde darstellen.

Das Anbringen der Plakette erfüllt die Voraussetzungen der zusammengesetzten Urkunde, da der Angeklagte allerdings als Prüfer zu erkennen ist, ist die Urkunde nicht unecht i.S.d. § 267 Abs. 1 StGB. Der Angeklagte hat sich letztlich als Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB der Falschbeurkundung im Amt gemäß § 348 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

JurCase informiert:

Grundsätzlich muss eine Urkunde drei Merkmale aufweisen: Sie muss eine menschliche Gedankenerklärung sein, ihren Aussteller erkennen lassen und zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt sein. Eine zusammengesetzte Urkunde liegt vor, wenn gerade die Verbindung einer Gedankenerklärung mit einem bestimmten Bezugsobjekt einen neuen Erklärungsgehalt und damit einen Beweiswert ergibt.

Nr. 4 – BGH 4 StR 225/20 – Beschluss vom 17.02.2021

In diesem Fall fuhr der Angeklagte mit weit erhöhter Geschwindigkeit einen gemieteten Sportwagen, mit welchem er durch Fahrweise und Aussehen Aufsehen erregen wollte, in eine unübersichtliche Kurve. Dabei verlor er die Kontrolle, kollidierte mit einem anderen Fahrzeug. Beide Insassen des anderen Kfz verstarben letztlich. Der Bundesgerichtshof bestätigte insoweit jedoch, dass es beim Fahrer am Tötungsvorsatz fehlte, weil der Angeklagte durchgehend darauf vertraute, das Fahrzeug sicher beherrschen zu können.

Der Bundesgerichtshof machte allerdings diverse Ausführungen zum neuen § 315d StGB. Die Strafbarkeit des Angeklagten wurde hier insbesondere wegen Vorliegen des grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Fortbewegens im Straßenverkehr angenommen. Außerdem wurde klargestellt, dass der Angeklagte das Merkmal „Rennen“ auch erfüllen kann, obwohl er sich weitestgehend alleine durch den Straßenverkehr bewegt.

JurCase informiert:

Anhand dieses Themas können in einer Prüfung allgemeine Ausführungen zum Vorsatz erwartet werden. Zumindest die gängigen Theorien, Billigungs-, Möglichkeits- und Ernstnahmetheorie sollten bekannt sein. Da der § 315d StGB recht neu ist, ist er vor allem für die mündliche Prüfung besonders interessant. Es empfiehlt sich deshalb, zur Prüfungsvorbereitung einmal mindestens einen Kommentar zu dieser Norm zu lesen.

Nr. 5 – BGH 5 StR 553/19 – Beschluss vom 24.11.2020

Die Angeklagten waren Vorstände einer kassenärztlichen Vereinigung und zahlten sich untereinander übermäßig hohe Übergangsgelder aus. Während das Landesgericht richtigerweise die Vertretungsmacht i.S.d. § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB verneint hatte, nahm es dem Bundesgerichtshof zufolge fälschlicherweise das Fehlen einer Pflichtverletzung i.S.d. § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB an.

Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass die Vorstände der kassenärztlichen Vereinigung eine Vermögensbetreuungspflicht für die Krankenkasse innehaben und diese Pflicht mit den Übergangsgeldern verletzt wurde.

JurCase informiert:

Der Tatbestand der Untreue teilt sich in Missbrauchs- und Treubruchstatbestand. Missbrauch verlangt ein Überschreiten des rechtlichen Dürfens (Innenverhältnis) im Rahmen des rechtlichen Könnens (Außenverhältnis). Mangels Vertretungsmacht kann hier der Treubruchstatbestand als Auffangtatbestand fungieren. Dieser setzt neben einer Vermögensbetreuungspflicht eine tatsächliche Verletzung dieser Pflicht voraus.

Nr. 6 – BGH 5 StR 556/20 – Beschluss vom 11.11.2020

Die Angeklagten stellten bei einer Zwillingsschwangerschaft eine schwere Krankheit bei einem Fetus fest. Aufgrund der Gefährdung von Mutter und dem anderen Fetus wurde bei der Geburt mittels Kaiserschnittes der gesunde Fetus geboren. Der kranke, aber lebensfähige Fetus wurde in der Gebärmutter getötet. Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Eröffnungswehen schon eingesetzt hatten.

Neben Problemen auf Ebene der Rechtswidrigkeit stellte der Bundesgerichtshof klar, dass der Schutz von §§ 211 ff. StGB parallel zum Einsetzen der Eröffnungswehen spätestens mit Öffnung der Gebärmutter beginnt. Ein Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB wurde außerdem ausgeschlossen.

JurCase informiert:

Üblicherweise beginnt der Schutz des „Menschen“ in den §§ 211 ff. StGB ab dem Zeitpunkt des Einsetzens der Eröffnungswehen, in Abgrenzung zu § 218 StGB. Dies stellt sich hier als problematisch dar, da die Geburt frühzeitig durch einen Kaiserschnitt erfolgte.

Nr. 7 – BGH 1 StR 474/19 – Beschluss vom 19.08.2020

Der Geschädigte erhielt von der Angeklagten im Rahmen ihrer Pflegetätigkeit fälschlicherweise blutdrucksenkende Medikamente, die seinen Zustand zunehmend verschlechterten. Obwohl die Verwechslung bemerkt wurde, unternahm die Angeklagte trotz vorhandener Möglichkeiten nichts, in der Hoffnung, ihr Fehler würde durch den Tod des Geschädigten unerkannt bleiben.

Der Bundesgerichtshof wies in seiner Ausführung insbesondere auf das Fehlen des nötigen Tötungsvorsatzes hin, mithin ist auch das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht nicht erfüllt.

JurCase informiert:

Neben Abfrage der Mordmerkmale bietet dieser Fall die Möglichkeit, Probleme der Unterlassenstrafbarkeit näher zu erörtern.

Nr. 8 – BGH 4 StR 118/20 – Beschluss vom 18.11.2020

Die Revision des Beschwerdeführers in diesem Fall wurde maßgeblich darauf gestützt, dass an mehreren Tagen der Hauptverhandlung eine Richterin mitwirkte, der in dieser Zeit ärztlich die Dienstunfähigkeit bescheinigt war. Der Bundesgerichtshof stellte jedoch klar, dass eine beamten- und richterdienstliche Arbeitsunfähigkeit, die auf einer Erkrankung beruht, nicht zwingend mit einer prozessrechtlichen Verhandlungsfähigkeit einhergeht.

Die Revision war daher unbegründet. Außerdem machte der Bundesgerichtshof klar, dass für die Verhandlungsfähigkeit eines Richters nicht § 338 Nr. 5 StPO, sondern § 338 Nr. 1 StPO einschlägiger Revisionsgrund ist.

JurCase informiert:

Die Frage der Dienstunfähigkeit stellt sich hier zwar nicht im Kontext eines Befangenheitsantrags gemäß § 24 StPO, in der Prüfung könnten hier allerdings Parallelen gezogen werden. Der Bundesgerichtshof hatte beispielweise in BGH 2 StR 228/14 vom 17.06.2015 entschieden, dass die private Nutzung eines Mobiltelefons bereits ein Misstrauen gemäß § 24 Abs. 2 StPO begründet.

Nr. 9 – OLG Hamm 4 RVs 12/20 – Beschluss vom 07.04.2020

In diesem Urteil beschäftigte sich das OLG Hamm mit der Frage, ob der kontaktlose Zahlvorgang eines Nichtberechtigten mit einer EC-Karte die Tatbestände der §§ 263 StGB erfüllt. Der Nichtberechtigte hat mit dieser Zahlung, entgegen des Standpunktes der Vorinstanz, nicht konkludent seine Berechtigung erklärt. Der Kassierer hatte diesbezüglich auch kein sachgedankliches Mitbewusstsein.

Das Gericht stellt hier den Unterschied des herkömmlichen POS-Bezahlverfahrens und des kontaktlosen NFC-Bezahlverfahrens klar. Der Angeklagte erfüllte durch sein Verhalten letztlich keine Betrugsdelikte, aber eine Urkundenunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 2 StGB.

JurCase informiert:

Die Täuschung i.S.d. § 263 Abs. 1 StGB kann ausdrücklich, konkludent oder bei Vorliegen einer Garantenpflicht auch durch Unterlassen begangen werden. Für den Irrtum ist zumindest ein sachgedankliches Mitbewusstsein nötig, Irrtumssubjekt des § 263 StGB kann allerdings immer nur ein natürlicher Mensch sein. Dieser Prüfungspunkt knüpft an § 263a StGB an, bei dem kein Mensch als Irrtumssubjekt vorausgesetzt wird.

Nr. 10 – BGH 3 StR 574/19 – Beschluss vom 17.03.2020

Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Raubes mit Todesfolge gemäß § 251 Abs. 1 StGB verurteilt, nachdem dieser dem Opfer eine am Rollator befestigte Handtasche entwendete, wobei der Rollator umfiel und das Opfer auf den Boden stürzte. Das Opfer erlitt schwere Verletzungen und verstarb im Krankenhaus, nachdem aufgrund einer Patientenverfügung die lebenserhaltenden Geräte abgeschaltet wurden. Problematisch stellte sich hier der tatbestandsspezifische Gefahrzusammenhang dar.

Der Bundesgerichtshof wies die Revision ab, da durch die Patientenverfügung und das Abschalten der Geräte keine neue Ursache für den Tod geschaffen wurde. Das durch die Tat geschaffene Risiko realisierte sich im konkreten Erfolg.

JurCase informiert:

Die schwere Folge des § 251 StGB muss zumindest fahrlässig verursacht werden. Das erfordert, neben objektiver und subjektiver Sorgfaltspflichtverletzung und Vorhersehbarkeit insbesondere einen Gefahrzusammenhang. Eine bloße Kausalität reicht nicht aus, es muss gerade ein deliktspezifisches Risiko geschaffen werden, das sich dann im Erfolg, der schweren Folge, realisiert.

Aktuelle Rechtsprechung

Die aktuelle Rechtsprechung ist zur Vorbereitung auf dein schriftliches Examen und / oder deine mündliche Prüfung zwingend zu kennen. Daher fragen wir dich:

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Beitragsautor:

Luca Willemsen

Luca Willemsen

Luca studierte Rechtswissenschaften an der Universität in Trier und möchte seinen Vorbereitungsdienst im Regierungsbezirk Düsseldorf oder Köln absolvieren. Für JurCase ist er aktuell vor allem für aktuelle Rechtsprechung zuständig.

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