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Gewusst

Das Erbrecht: Erben und Erbanteile

By 17. Juni 2021Oktober 11th, 2023No Comments
Zivilrecht

Grundkenntnisse zum Erbrecht für deine Examensvorbereitung

Das Erbrecht wird für viele erst zum Staatsexamen hin relevant. Vorher wird dem Rechtsgebiet oft wenig Aufmerksamkeit geschenkt, dabei ist es wohl eines der anschaulichsten Rechtsgebiete und bietet auch im Referendariat Stoff für viele interessante Fallgestaltungen. Oft wird es in der Ausbildung mit Sachenrecht, dem allgemeinen Teil des BGB, dem Deliktsrecht oder dem Familienrecht verknüpft. Deshalb ist es ratsam, zumindest einige Grundlagen zu kennen:

Die Grundbegriffe des Erbrechts

Seinen Ursprung hat das Erbrecht auch in Art. 14 GG, der neben einer Eigentumsgarantie auch eine Erbrechtsgarantie beinhaltet. Diese kann beschränkt werden durch Steuern, Formanforderungen und den sogenannten Pflichtteil. Trotzdem hat erst einmal jeder das Recht zu erben und zu vererben.

Als Erbfall bezeichnet man den Tod einer natürlichen Person, vgl. § 1922 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus tritt der Erbfall ein, wenn der Tod nach dem Verschollenheitsgesetz vermutet wird.

Der Erblasser ist die Person, die verstorben ist. Der Erbe ist derjenige, auf den im Erbfall kraft Gesetzes oder durch Verfügung von Todes wegen (das Testament oder der Erbvertrag) die Gesamtheit der vererblichen Rechtspositionen übergeht. Mehrere Erben bilden dabei eine Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft, § 2032 BGB, das heißt, dass sie nur zusammen und insgesamt über die Erbmasse verfügen können. Erbfähig ist, wer rechtsfähig ist, also natürliche Personen die aktuell lebend sind und auch der noch nicht gezeugte als Nacherbe, § 2101 Abs. 2 BGB. Darüber hinaus sind juristische Personen erbfähig, wenn sie im Zeitpunkt des Erbfalles bestehen. Bei Stiftungen sind die §§ 84, 2101 Abs. 2 BGB zu beachten.

Die Erbreihenfolge

Der Erbfall verläuft nach dem Prinzip der Universalsukzession. Das bedeutet, der Erwerb des Erbes vollzieht sich automatisch, einheitlich und unmittelbar. Es wird unterschieden zwischen der gewillkürten Erbfolge und der gesetzlichen Erbfolge. Die gewillkürte Erbfolge, die durch ein Testament oder Erbvertrag erreicht wird, ist vorrangig.

Die gesetzliche Erbfolge vollzieht sich nach §§ 1924 ff. BGB. Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge (Kinder) des Erblassers. Es gilt dabei das Stammesprinzip, das Repräsentationsprinzip und das Eintrittsprinzip. Das Stammesprinzip besagt, dass jeder Kindesstamm gleich viel von der Erbmasse erhält, also bei zwei Kindern jeder 50%. Das Repräsentationsprinzip, § 1924 Abs. 2 BGB besagt, dass nähere Abkömmlinge weitere aus dem Stamm ausschließen, dass heißt die Kinder des Erblassers schließen die Enkel aus. Das Eintrittsprinzip setzt bei verstorbenen Abkömmlingen deren Abkömmlinge ein, wenn also ein Kind verstorben ist, erben an dessen Stelle die Enkel. Nach § 1930 BGB schließen die Erben erster Ordnung alle Erben weiterer Ordnungen aus.

Die Erben zweiter Ordnung sind nach § 1925 BGB die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers. Hier gelten dieselben Prinzipien und diese Ordnung wird nur bedacht, wenn es niemanden aus der ersten Ordnung gab im Erbfall! Die Erben dritter Ordnung sind dann in §1 926 BGB geregelt, namentlich die Großeltern und deren Abkömmlinge, also Tanten und Onkel. Erben vierter und höherer Ordnung sind in §§ 1928, 1929 BGB geregelt.

Eine Besonderheit stellen Ehegatten dar. Damit diese gesetzliche Erben sein können, muss die Ehe im Zeitpunkt des Erbfalles fortbestanden haben. Dabei ist nach § 1933 BGB zu beachten, dass auch ein rechtshändiger Scheidungsantrag ausreicht, um den Noch-Ehegatten auszuschließen. Dann kommt es auf die Ehemodalitäten an. Lebten die Ehegatten in einer Zugewinngemeinschaft (die Güter beider Ehepartner bleiben während der Ehe getrennt, nach dem Tod wird ausgeglichen), dann erbt der überlebende Ehepartner nach § 1931 Abs. 1, 2 BGB neben den Erben der 1. Ordnung zu ¼, neben Erben zweiter Ordnung zu ½ und falls es weder die einen noch die anderen gibt als Alleinerbe. Lebten die Ehepartner in Gütertrennung und haben maximal zwei Kinder (ansonsten: § 1931 Abs. 1 BGB), dann greift §1931 Abs. 4 BGB und der Überlebende erhält ½. Bei der Zugewinngemeinschaft gilt dann entweder die erbrechtliche oder die güterrechtliche Lösung. Bei der erbrechtlichen Lösung wird der Pflichtteil + ¼ verlangt, anstelle der Auseinandersetzung (§§ 1931 Abs. 3, 1371 Abs. 1 BGB). Ob Zugewinn bestand, ist dabei unerheblich.

Bei der güterrechtlichen Lösung findet keine Erhöhung der Erbquote statt, sondern es muss ausgeschlagen werden, § 1371 Abs. 3, 2 BGB. Dann kann entweder der Pflichtteil verlangt werden oder Zugewinnausgleich.

Sonderfall im Erbrecht: Das Testament

Ein Weg, den Nachlass zu Regeln, sind Testamente. Ein solches ist – gemeinsam mit dem Ehegatten – auch als gemeinschaftliches Testament möglich. Daneben gibt es noch den Erbvertrag.

Ein Testament muss höchstpersönlich, d. h. vom Erblasser selbst handschriftlich verfasst werden, § 2247 Abs. 1 BGB. Außerdem ist die eigenhändige Unterschrift notwendig. Es muss den Willen so deutlich wie möglich enthalten, Pfeildiagramme sind dabei regelmäßig nicht eindeutig genug. § 2247 Abs. 2 BGB normiert darüber hinaus eine Sollvorschrift, wonach ein Testament eine Datums- und Ortsangabe enthalten soll. Insoweit ist zu beachten, dass nach Absatz 5 dieser Vorschrift ein Testament dann als ungültig angesehen werden kann, wenn sich durch die mangelnde Zeit- und Ortsangabe Zweifel über die Gültigkeit des Testaments ergeben und diese nicht anderweitig ausgeräumt werden können.

Ein Testament kann widerrufen werden durch ein späteres Testament, § 2258 BGB, durch ein Widerrufstestament, §§ 2254 BGB, durch Vernichtung oder Veränderung, § 2255 oder durch Rücknahme aus öffentlicher Verwahrung, § 2256 BGB. Testamente können auch angefochten werden, nämlich auf Grund von Übergehung Pflichtteilsberechtigter, § 2079 BGB, Inhalts- und Erklärungsirrtum, § 2078 Abs. 1 BGB, Motivirrtum, § 2078 Abs. 2 Alt. 1 BGB oder Drohung, § 2078 Abs. 2 Alt. 2 BGB.

Auch diejenigen, die im Testament ausgeschlossen sind, dürfen grundsätzlich ihren Pflichtteil von der Erbmasse verlangen. Der Pflichtteil kann unter besonderen Umständen entzogen werden, § 2333 BGB. Dies hängt meist mit Gewalttaten gegen den Erblasser und dessen Angehörige zusammen.

Als Berliner Testament bezeichnet man die Situation, wenn ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten vorliegt, die sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und bestimmen, was mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen mit dem restlichen Vermögen passieren soll. Damit soll sichergestellt werden, dass der überlebende Ehepartner das gesamte Vermögen des Verstorbenen erhält, wobei das Pflichtteilsrecht nicht ausgeschlossen werden kann. Nach der Einheitslösung, von der auch § 2269 BGB ausgeht, erbt zunächst der andere Ehepartner und bei dessen Tod dann die Abkömmlinge als Nacherben. Es kann aber auch eine Trennungslösung vereinbart werden, bei der jeder Ehegatte den anderen als Vorerben und Dritte als Nacherben und zugleich für den Fall des eigenen Überlebens als Ersatzerben einsetzt.

JurCase informiert:

Die Problematiken rund um das Berliner Testament und den Pflichtteil sind oft Bestandteil von Klausuren!

Fazit

Das Erbrecht nimmt einen wichtigen Teil des BGB ein, der nicht vernachlässigt werden sollte, denn es lässt sich optimal in einer Klausur mit anderen Rechtsgebieten verknüpfen. Dabei stellen sich oft Fragen rund um den Pflichtteil und um Testamente, daher sollte man sich mit diesen beiden Problemkreisen vertraut machen!

Zivilrechtliches Nebengebiet

Das Erbrecht ist wohl eines der anschaulichsten Rechtsgebiete und bietet auch im Referendariat Stoff für viele interessante Fallgestaltungen. Oft wird es in der Ausbildung mit Sachenrecht, dem allgemeinen Teil des BGB, dem Deliktsrecht oder dem Familienrecht verknüpft. Trotzdem wird es für die meisten erst zum Staatsexamen hin relevant.

Welches zivilrechtliche Nebengebiet vernachlässigst du gerne mal?

[Mehrfachantworten möglich]

Beitragsautor:

Lisa-Marie Schuchardt

Lisa-Marie Schuchardt

Lisa-Marie absolvierte nach ihrem Jurastudium ein Auslandsstudium in Aberdeen für den Master of Laws (LL.M.). Zu Beginn ihrer Tätigkeit bei uns schrieb sie hauptsächlich über das Studium. Im Anschluss dessen berichtete sie von ihrem Masterstudium. Außerdem leistete sie einen maßgeblichen Beitrag für unsere #Gewusst-Reihe.

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