Der Aufbau meines LL.M.-Studiums
Der Aufbau des Master of Laws Studiums ist nicht an jeder Universität gleich, folgt jedoch oft denselben Strukturen. Hier stelle ich euch die Struktur in Großbritannien vor und gehe speziell auf die University of Aberdeen und mein erstes Trimester dort ein!
Allgemeiner Aufbau
Das Studium beginnt klassischerweise im September und endet im August des darauffolgenden Jahres. Manchmal gibt es auch noch einen Starttermin im Januar, die Dauer beträgt dann ebenfalls etwa ein Jahr. Je nach Universität können verschiedene spezielle LL.M. Studiengänge gewählt werden, wie z. B. International Law, Intellectual Property Law, Criminal Law oder Family Law. Es gibt daneben auch einen General LL.M., bei dem man Kurse aus allen Programmen wählen kann. Fällt die Entscheidung auf ein spezialisiertes Programm, ist man bei der Kurswahl auch an das Spektrum der zugehörigen Kurse gebunden. In der Regel ist der Aufbau des Studiums in drei Trimester aufgeteilt: September bis Dezember, Januar bis April und Mai bis August. In den ersten beiden Trimestern hat man Kurse, in denen Prüfungsleistungen erbracht werden, die auch für die Endnote zählen. Im letzten Trimester wird dann die Masterarbeit geschrieben, die in aller Regel etwa 10.000 Wörter umfassen wird. In diesem Trimester gibt es dann keine Kurse mehr. Die Masterarbeit macht einen Großteil der Endnote aus, in meinem Fall 60%.
JurCase informiert:
In Großbritannien wird in einem Buchstabensystem bewertet, von G (very poor) über D (pass) bis hin zu A (excellent). Wer ein A insgesamt erreicht, hat einen Abschluss mit „Distinction“ (Auszeichnung).
Die Noten sind generell besser, als man es aus Deutschland gewohnt ist, allerdings wird einem auch kein A hinterhergeworfen, sondern dies erreichen nur wenige Studierende. Natürlich variiert dies wie immer je nach Kurs und Universität. Durch die Kurse und die Masterarbeit werden Credits gesammelt. An meiner Universität braucht man 180 Credits, wobei die Masterarbeit 60 gibt und jeder Kurs 30. In der Rechnung ergibt dies zwei Kurse pro Trimester. Diese sind mit jeweils 300 Arbeitsstunden ausgezeichnet gewesen.
Mein erstes Trimester
Anfangs war ich zuversichtlich, dass ich mich mit nur zwei Kursen langweilen werde, ich war ja viel mehr von dem deutschen Studium gewohnt. Allerdings ist das ganze Studiensystem in Großbritannien ganz anders! Da mein Studiengang eher eine Nische darstellt, waren wir nur 3-8 Personen pro Kurs. Der Aufbau war wie folgt: Alle zwei Wochen hatten wir zwei Stunden Unterricht auf dem Campus. In diesem Unterricht wurden Fragen zu spezifischen Themen erarbeitet, die vorher bekannt gegeben wurden. Man bekommt pro Kursstunde eine Leseliste (200-600 Seiten) und es wird erwartet, dass das Wissen aus dieser Leseliste mit Quellenangaben im Kurs bekannt ist. Dazu gab es immer ein Discussion Board auf der Online Lernplattform, welches für die Stunde auszufüllen war. Dies machte 20% meiner Note pro Kurs aus. Da sich meine beiden Kurse in den Wochen abgewechselt haben, hatte ich quasi immer eine Woche pro Kurs. Durch die COVID-19 Krise gab es keine Klausuren im Dezember wie sonst, sondern es gab noch einen Aufsatz (5.000 Wörter) und eine mündliche Präsentation (15 Minuten) pro Kurs, die dann insgesamt die Kursnote ausgemacht haben. Diese sind während des Semesters zusätzlich zu der Leseliste und Kursstunden gelaufen, es wurde in den entsprechenden Wochen keine Rücksicht darauf genommen. Die Aufsatzthemen wurden vier Wochen vor Abgabe veröffentlicht. Ich hatte somit insgesamt alle zwei Wochen eine Abgabe oder Prüfung zwischen Mitte Oktober und Mitte Dezember. Die Mitarbeit im Kurs wurde nicht bewertet, allerdings wurde sie als Gespräch zwischen allen Teilnehmenden geführt, sodass man sich nicht still in die Ecke setzen konnte. Das alles klingt jetzt anstrengend – war es auch – aber der Unterricht war auch sehr hochwertig und ich habe in diesem Semester mehr gelernt als in zwei Semestern Schwerpunktstudium in Deutschland zu denselben Themen. Durch das viele Sprechen auf Englisch hat sich mein Wortschatz jetzt schon um viele juristische Begriffe erweitert. Man kann auch mit weniger Aufwand durch das Semester kommen als ich betrieben habe, allerdings habe ich so sehr viel mitgenommen und kann dies durch geordnete Notizen auch noch weiterhin anwenden und darauf zurückgreifen. Die Texte der Leseliste waren alle online verfügbar (auch durch die COVID-19 Krise), aber ein Aufsatz konnte gut und gerne mal 90 Seiten haben. Andere Kommilitonen hatten auch entspanntere Kurse mit weniger Prüfungsleistungen und kürzeren Leselisten.
Fazit
Trotz der doch beachtlichen Masse an Stoff hatte ich noch genug Freizeit und habe mich meistens nicht mehr als vier bis fünf Stunden täglich mit der Uni beschäftigen müssen. Der Aufbau an der University of Aberdeen war für mich also entsprechend gelungen. Die Professorinnen, bei denen ich Kurse hatte, waren auch sehr um unser Wohlergehen bedacht und haben wöchentlich mit uns informelle Videochats abgehalten. Darüber hinaus konnte man ihnen jederzeit Nachrichten mit Fragen schreiben und es gab auch offene Sprechstunden. Ich empfand den Unterricht auch als sehr hochwertig, beide sind absolut renommierte Expertinnen im Bereich des geistigen Eigentumsrechtes und man wurde im Kurs immer wieder dazu angehalten, Regelungen oder Fälle kritisch zu hinterfragen oder einen eigenen Gesetzeswortlaut zu entwickeln. Das Studium ist ganz anders als in Deutschland, in Großbritannien wird Wissen vorausgesetzt und dann wird sich zusammen kritisch damit auseinandergesetzt. In den Prüfungsleistungen wollte man keine Zusammenfassung von Wissen, sondern immer eine eigene Auseinandersetzung mit Themen und Positionen. Für jemanden wie mich, die gerne mündlich diskutiert und über den Tellerrand von anderen Meinungen hinausdenkt, ist diese Herangehensweise optimal. Das Wissen, das ich im ersten Semester erlangt habe, ist sehr gefestigt und detailliert. Trotz der angespannten Gesamtsituation in der Corona Krise habe ich das Semester akademisch sehr genossen und sehe mit Vorfreude den nächsten Kursen entgegen. Ich bin nur fast etwas traurig, nur vier Kurse besuchen zu können!