Ein Überblick zu Wahl und Zeitpunkt des Schwerpunktes
Oft hört man die Begriffe „universitärer Teil“ und „staatlicher Teil“, wenn es um das Erste Staatsexamen geht. Der Schwerpunktbereich, der so genannte „universitäre Teil“, ist eine Besonderheit des Ersten Staatsexamens und unterscheidet sich stark je nach Bundesland und Universität, allerdings gehört er immer mit 30% zur Note des Ersten Staatsexamens dazu.
Was ist der Schwerpunktbereich?
Als Schwerpunktbereich bezeichnet man den universitären Teil des Ersten Staatsexamens. Jede Universität bietet verschiedenen Schwerpunktbereiche an. Man wählt den Schwerpunkt in der Regel nach dem Hauptstudium, also nach dem 5./6. Semester. Es gibt spezielle Vorlesungen zu den jeweiligen Schwerpunktbereichen und Prüfungsleistungen, die 30% der Note des Ersten Staatsexamens ausmachen. Es ergibt sich die Möglichkeit, erstmals im Jurastudium eigene Interessenschwerpunkte zu setzen und sich vertieft mit einem Thema abseits der drei großen Rechtsgebiete zu beschäftigen. Trotzdem wurde 2019 auf der Justizministerkonferenz diskutiert, ob der Schwerpunkt nicht abgeschafft werden sollte. Er wurde nämlich erst 2003 eingeführt und seitdem hat sich die Studiendurchschnittszeit um 1,7 Semester verlängert. Von den Fakultäten kam auch die Beschwerde auf Grund von zusätzlicher Belastung bei der Durchführung der Prüfungen und Vorlesungen. Allerdings wird auch anerkannt, dass sich die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten durch den Schwerpunkt verbessert hat und Kandidaten später in Referendariatsstationen schon spezifisches Vorwissen aufweisen können. Problematisch ist allerdings, dass der Schwerpunkt deutschlandweit überhaupt nicht vergleichbar ist. Alleine die Prüfungsleistungen unterscheiden sich von mehreren Klausuren zu zwei großen Hausarbeiten mit mündlichen Prüfungen. Daher wird der Schwerpunkt gerne mal aus dem Zeugnis des Ersten Staatsexamens herausgerechnet, da er eben so schwierig vergleichbar ist und auch eine große Schere in der Notengebung besteht.
Am Ende wurde in der Justizministerkonferenz beschlossen, dass das Zeugnis des Ersten Staatsexamens nicht mehr die Gesamtnote, sondern die beiden Einzelnoten aus Schwerpunkt und Staatsexamen aufweisen soll.
JurCase informiert:
Dieser Beschluss wurde aber bisher faktisch noch nicht umgesetzt [Stand: November 2020].
Die Wahl des Schwerpunktes
Wenn es zur Qual der Wahl des Schwerpunktbereichs kommt, fragt sich die eine oder der andere, nach welchen Kriterien man denn wählen sollte. Das Besondere ist, dass das Schwerpunktstudium sowohl vor als auch nach den Klausuren des Ersten Staatsexamens absolviert werden kann. Bei der Wahl kann man sich an den Noten der Vorjahre oder auch an den eigenen Interessen orientieren. Ich würde immer empfehlen, einen Schwerpunkt zu wählen, der einen persönlich interessiert. Dies bringt sowohl Motivation, vor oder nach dem Staatsexamen weiter zu lernen als auch die Möglichkeit sich zum ersten Mal im Studium mit einem Thema der eigenen Wahl zu beschäftigen. Natürlich kann auch einfach der Schwerpunkt gewählt werden, in dem es erfahrungsgemäß die besten Noten gibt. Allerdings birgt das die Gefahr, dass man selber keine guten Noten erhält, da nachweislich nicht ausreichend Motivation und Interesse für dieses Thema besteht.
Weiterhin kann man sich oft später im Referendariat oder Beruf auf die Bereiche des Schwerpunktes beziehen und es kann von Vorteil sein, gewisse Vorkenntnisse aus einem speziellen Bereich mitzubringen.
Zeitpunkt des Schwerpunktes
Wie gesagt lässt sich der Schwerpunkt sowohl vor als auch nach den Klausuren des Ersten Staatsexamens absolvieren. Je nach Modalitäten des Schwerpunktes kann es auch möglich sein, einen Teil davor und einen Teil danach zu absolvieren. Ist dies möglich, kann man die Wartezeit zwischen den Staatsexamensklausuren und der Mündlichen Prüfung mit einem Teil des Schwerpunktes gut überbrücken – zumindest mit einer rechtzeitigen Planung. Zu bedenken ist auch, dass sich das Schwerpunktstudium inklusive Korrekturzeiten über 2-3 Semester hinziehen kann und diese dann im Anschluss an die Studienzeit bis zum Ersten Staatsexamen noch absolviert werden müssen, was ein Problem mit der Studienfinanzierung auslösen kann. Man sollte sich also rechtzeitig über die Möglichkeiten informieren und zu planen beginnen.
JurCase informiert:
Die Beratungsstellen der Universität können Auskunft über die verschiedenen Möglichkeiten und Anforderungen diesbezüglich geben, also keine Scheu diese zu kontaktieren!
Wovon jedoch abzuraten ist, ist den Schwerpunkt gleichzeitig mit der Examensvorbereitung zu absolvieren. Man darf nicht vergessen, dass der Schwerpunkt 30% der Examensnote ausmacht und dementsprechend sollte ihm auch angemessen Zeit gewidmet werden.
Meine Erfahrung
Ich persönlich habe den Schwerpunktbereich als super interessant empfunden und er hat mir viel Spaß gemacht. Eine Hausarbeit habe ich im Anschluss an die Vorlesungen nach dem 6. Semester geschrieben und eine weitere während der Wartezeit zwischen den Klausuren des Ersten Staatsexamens und der Mündlichen Prüfung dafür. Das hatte den Vorteil, dass ich mit der Mündlichen Prüfung komplett mit dem Studium fertig war und nicht zurück zur Uni musste. Außerdem wusste ich schon 30% meiner Note des Staatsexamens und konnte dies mit einberechnen, was mir eine gewisse Sicherheit gegeben hat. Ich kann dieses Vorgehen nur empfehlen, es setzt allerdings voraus, dass man Zeit hatte, die Vorlesungen des Schwerpunktes zu hören. Da es bei uns auch eine mündliche Prüfung über fünf Vorlesungen gab, kann ich nicht empfehlen, diese Vorlesungen zu überspringen und nur die Hausarbeiten zu schreiben. Das hat sich immer negativ in den Noten der Betroffenen widergespiegelt! Außerdem ist dies wirklich eine Möglichkeit, sich mit einem Thema der eigenen Interessen auseinanderzusetzen und nicht nur Zeit abzusitzen.