Problem: Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Unmöglichkeit
EINORDNUNG: Schuldrecht AT
LG Hagen, Urteil vom 17.07.2020 7 S 68/19 (leicht abgewandelt)
EINLEITUNG
Das LG Hagen entscheidet einen Fall aus dem Recht der Unmöglichkeit, trifft eine wichtige Klarstellung zur Unterscheidung von Stück- und Gattungsschuld und erörtert eine umstrittene Rechtsfrage zur Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 I, III, 283 BGB.
LEITSATZ
- Abweichend von den Grundsätzen zur Bestimmung des Umfangs der Beschaffungspflicht des Verkäufers bei der Nachlieferung im Rahmen des § 439 Abs. 1 BGB behält die Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungsschuld im Anwendungsbereich des allgemeinen Schuldrechts maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung der Frage nach dem Eintritt der Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB.
- Ein Schadensersatz statt der Leistung wegen Unmöglichkeit gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB verjährt ab dem Zeitpunkt seiner Entstehung unabhängig vom Schicksal des ursprünglichen Leistungsanspruches nach Maßgabe der §§ 195, 199 BGB.
SACHVERHALT
Die B verkauft Landmaschinen und Traktoren. Am 22.08.2013 verkaufte B an K einen neu hergestellten Traktor „Mahindra 404“ zu einem Preis in Höhe von 6.999 €. Das auf dem Hof des B stehende Neufahrzeug hatte der Kläger ausgewählt. B hatte es zu einem Einkaufspreis von 5.125 € netto erworben. Der Traktor hatte keine Zulassung für den Straßenverkehr. B konnte keine Papiere vorlegen. Zur Abholung, vereinbart für den 30.09.2013, kam es nie. K leistete bei Vertragsschluss eine Anzahlung von 100,00 € und erbrachte in der Folgezeit mehrere Teilzahlungen, die sich zusammen mit der Anzahlung auf 6.905 € summierten. Mit Schreiben vom 28.11.2014 forderte B von K Standgebühren in Höhe von 50,00 € pro Monat. Ferner forderte sie K zur Abholung des Traktors auf. Am 26.02.2015 mahnte B die Zahlung des Restkaufpreises an, damit ein Abholtermin vereinbart werden könne. Am 30.03.2015 stellte B ihre Gegenforderungen für den Fall einer Rückabwicklung des Vertrages zusammen und verlangte u.a. einen Wertverlust-Ersatz von 400,00 € netto für 18 Monate. Nach Mahnung seitens B forderte ihr Rechtsanwalt unter dem 04.11.2015 schriftlich die Restkaufpreiszahlung sowie die Abholung. Am 27.12.2016 teilte B dem K telefonisch mit, dass der Traktor zu einem Verkaufspreis von 4.205,88 € anderweitig verkauft worden sei. Am 04.01.2017 erhob B erstmals die Einrede der Verjährung. Mit Schreiben vom 17.10.2017 verlangte K unter Fristsetzung Auskunft über durch den im Rahmen des Zweitverkaufs erzielten Kaufpreis. Unter dem 01.12.2017 berief sich B erneut auf Verjährung und wies sämtliche Ansprüche zurück. K verlangt am 28.12.2018 Schadensersatz statt der Leistung in Höhe der gezahlten 6.905 €. B erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von 3.074,20 €, die sich aus 1.750 € Standgebühren (50,- € pro Monat), 777,70 € Wertverlust sowie 546,50 € für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zusammensetzen. B ist zudem der Meinung, K stünde kein Anspruch zu, weil Entkonkretisierung eingetreten sei. B meint, der Gesetzgeber habe mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (SMG) am 01.01.2002 die Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungsschuld aufgegeben. Zu Recht?
LÖSUNG
A. Anspruch der K gegen B auf Zahlung von Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 I, III, 283 BGB
K könnte einen Anspruch gegen B auf Zahlung von Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 6.905 € aus §§ 280 I, III, 283, BGB haben.
I. Anspruch entstanden
Ein Anspruch aus §§ 280 I, III, 283 BGB setzt die Entstehung eines Schuldverhältnisses, die Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung, die der Schuldner zu vertreten hat und einen kausal auf der Unmöglichkeit beruhenden Schaden voraus.
[B hat sowohl hilfsweise aufgerechnet als auch die Einrede der Verjährung erhoben. Es empfiehlt sich, zumindest geistig im Aufbau des Gutachtens die Anspruchsentstehung, das Erlöschen aufgrund der Aufrechnung sowie die Durchsetzbarkeit des Anspruchs aufgrund der Verjährungseinrede zu trennen. Selbstverständlich muss man in einer Klausur diese Überschriften nicht setzen.]
1. Schuldverhältnis
Ein Schuldverhältnis liegt mit dem zwischen K und B unstreitig geschlossenen Kaufvertrag vor.
2. Pflichtverletzung gem. § 283 BGB: Unmöglichkeit gem. § 275 BGB
Problematisch ist hier, dass B den Traktor anderweitig veräußert hat. Fraglich ist deshalb, ob Unmöglichkeit gem. § 275 I BGB eingetreten ist. Unmöglichkeit gem. § 275 I BGB liegt vor, wenn der geschuldete Leistungserfolg dauerhaft nicht erbringbar ist, und zwar entweder von niemandem oder vom Schuldner. Dann müsste sich die Leistungspflicht der B aus § 433 I BGB auf den auf dem Hof abgestellten Traktor beschränkt haben. Dies setzt das Vorliegen einer Stückschuld voraus.
[Definition der echten Unmöglichkeit gem. § 275 I BGB]
[36] Für die Frage, ob die Übergabe und Übereignung des Traktors unmöglich geworden ist, kommt es zunächst darauf an, ob es sich um eine Gattungsschuld oder eine Stückschuld handelt, denn läge lediglich eine Gattungsschuld vor, so ist grundsätzlich nur eine Sache mittlerer Art und Güte zu Leisten (§ 243 Abs. 1 BGB), auf die sich die Leistungspflicht in der Folge allenfalls gem. § 243 Abs. 2 BGB konkretisiert haben könnte.
[Abgrenzung zwischen Stück- und Gattungsschuld]
[37] Bei der Gattungsschuld beschränken sich die Parteien zunächst darauf, den Leistungsgegenstand nach bestimmten Merkmalen zu beschreiben, während es offen bleibt, mit welchem konkreten Gegen- stand der Schuldner später erfüllen soll (…). Eine Stückschuld liegt hin- gegen vor, wenn der Leistungsgegenstand von vornherein durch die Parteien individuell bestimmt wird, wenn die Parteien sich also schon bei Vertragsabschluss darauf geeinigt haben, dass nur ein ganz bestimmter Gegenstand vom Schuldner geleistet werden soll, so dass mit einem anderen Gegenstand nicht mehr erfüllt werden kann (…).
[Gattungsschuld]
[Stückschuld]
[38] Danach ist von einer Stückschuld auszugehen. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass er sich einen bestimmten Traktor, der auf dem Hof der Beklagten stand, ausgesucht hat und nicht etwa nur abstrakt einen Traktor des streitgegenständlichen Modells ohne jedoch einen speziellen, bereits im Bestand der Beklagten vorhandenen Traktor zu meinen.
Gegen eine dauerhafte Nichterbringbarkeit der Leistung könnte aber zum einen sprechen, dass B den Traktor theoretisch vom Erwerber zurückerwerben könnte und zum anderen, dass nach Meinung der B mit der Veräußerung eine so genannte Entkonkretisierung stattgefunden haben könnte.
[39] Als Fall rechtlicher Unmöglichkeit ist grundsätzlich anerkannt, dass der Schuldner des § 433 Abs. 1 S. 1 BGB das Eigentum an der zu übergebenden und zu übereignenden Sache verliert (…), soweit nicht grundsätzlich die Möglichkeit des Rückerwerbs verbleibt. Eine Unmöglichkeit ist also erst dann anzunehmen ist, wenn auch ein Rückerwerb von dem Zweiterwerber ausgeschlossen ist. Zugunsten des Käufers, der keinen genauen Einblick in die Beziehung zwischen Verkäufer und dem Dritterwerber hat, indiziert der Verkauf allerdings die Unmöglichkeit, sofern der Verkäufer nicht darlegt, dass er zur Erfüllung willens und in der Lage ist (…). Das hat die Beklagte aber auch in der Berufungsbegründung und nach Erlass des Prozesskostenhilfe Beschlusses durch die Kammer, in dem diese Frage behandelt wird, nicht getan. Sie kann insoweit auch nicht einwenden, dass durch eine Entkonkretisierung gar keine Unmöglichkeit eingetreten sei, da die Klägerin weiterhin einen neuen Traktor der Baureihe liefern könne. Dabei verkennt die Beklagte, dass hier nach vorangehenden Ausführungen eine Stückschuld vereinbart ist. Eine Entkonkretisierung kommt ersichtlich nur bei zunächst nach § 243 Abs. 2 BGB konkretisierten Gattungsschulden in Betracht.
[Das Problem des Rückerwerbs]
[Sehr wichtig für Klausuren: Die Veräußerung indiziert die Unmöglichkeit. Es obliegt dem Verkäufer darzulegen, dass er dennoch zur Erfüllung willens und in der Lage ist.]
[Damit es zu einer Entkonkretisierung kommen kann, muss es zuvor zu einer Konkretisierung einer Gattungsschuld zu einer Stückschuld gekommen sein. So lag der Fall hier aber nicht, denn K und B hatten sich von vornherein auf ein konkretes Stück geeinigt.]
[40] Eine abweichende Beurteilung ist letztlich auch nicht nach dem Verweis der Beklagten auf den Hinweisbeschluss des BGH v. 8.1.2019 – VIII ZR 225/17 veranlasst. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit dem Schuldrechts- modernisierungsgesetz die Unterscheidung zwischen Gattungs- und Stückschulden als verzichtbar angesehen habe. Die Beklagte verliert aber aus dem Blick, dass es in Rn. 31 des Beschlusses ausdrücklich heißt, dass dies für die Beurteilung der Unmöglichkeit der Nachlieferung und damit im Rahmen des § 439 BGB gilt. Gleiches gilt für die im Schriftsatz vom 03.07.2020 weitergehend in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen, die sich allesamt zum Inhalt des Anspruches nach § 439 BGB verhalten. Das besondere Schuldrecht findet hier aber mangels Übergabe der Sache keine Anwendung. Dass die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf über die Auslegung des § 439 BGB hinaus insgesamt entfallen sollte, obwohl diese ausweislich gesetzlicher Regelungen wie § 243 Abs. Abs. 1, 2 BGB weiterhin von Belang ist, ergibt sich weder aus dem Hinweisbeschluss noch aus der Gesetzesbegründung. Im Gegenteil stehen die Tendenzen, den sich aus den Besonderheiten des § 439 Abs. 1 BGB ergebenden weiteren Pflichtenkreis des Schuldners auf die Anwendung des § 275 BGB insgesamt zu übertragen, nicht im Einklang mit den Vorstellungen des Gesetzgebers und fügen sich – de lege lata – auch nicht bruchlos in das von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungsschuld geprägte allgemeine Schuldrecht, das hier Anwendung findet, ein (…).
[Die zahlreichen und äußerst examensrelevanten Aspekte dieses Hinweisbeschlusses haben wir in der Besprechung des Urteils, OLG Karls- ruhe vom 25.05.2019, RA 2019, 349 ff. erörtert. Der Rechtsanwalt der B hat im vorliegenden Fall daraus allerdings sehr eigenwillige Schlussfolgerungen gezogen. In der BGH-Entscheidung ging es um das Problem der Unmöglichkeit der Nachlieferung beim Stückkauf. In der vorliegenden Entscheidung geht es um einen Traktor, der noch gar nicht übergeben worden ist. § 439 BGB ist vorliegend deshalb gar nicht anwendbar.]
[Dass man die stark differenzierende Rspr. zur Unmöglichkeit der Nachlieferung beim Stückkauf nicht auf das allgemeine Schuldrecht übertragen kann, ist vielen Studenten nach dem Erwerb der Scheine oft nicht richtig klar, wie wir aus dem Unterricht wissen. Die Klarstellung macht das vorliegende Urteil des LG Hagen deshalb wertvoll.]
Damit steht fest, dass die Leistungspflicht der B aus dem Kaufvertrag gem. § 433 I nach § 275 I BGB unmöglich geworden ist, weil sie den Traktor an einen Erwerber veräußert und nicht dargelegt hat, dass sie zum Rückerwerb bereit ist.
3. Vertretenmüssen der B
B hat die Veräußerung vorsätzlich veranlasst und hat die Unmöglichkeit folglich zu vertreten.
4. Ersatzfähiger und kausaler Schaden
Fraglich ist, ob die von K geltend gemachten 6.905 € im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung zurückgefordert werden können. Der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung ist auf das positive Interesse gerichtet. Der Käufer soll so gestellt werden, wie er bei Erfüllung durch den Verkäufer stünde. Will der Käufer einen vorab geleisteten Kaufpreis zurückgezahlt haben, steht ihm im Falle der Unmöglichkeit neben dem Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 I, III, 283 BGB gem. § 325 BGB auch der Rücktritt gem. §§ 326 V, 346 I BGB zu.
[46] Wie die Kammer schon im Rahmen des PKH-Beschlusses hervorgehoben hat, ist der Kläger nicht gehindert, der Berechnung seines Schadens nach der Differenzmethode den geleisteten Kaufpreis zugrunde zu legen. In dem Begehren ist zugleich eine konkludente Rücktrittserklärung (§ 349 BGB) zu sehen, die den Kaufvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis im Sinne des § 346 BGB mit entsprechenden Rechten und Pflichten wandelt (…). Die Voraussetzungen des Rücktritts liegen auch mit Blick auf §§ 323 Abs. 1, 326 Abs. 5 BGB vor, da eine Fristsetzung aufgrund der eingetretenen Unmöglichkeit entbehrlich war. [47] (…) Ebenfalls unwidersprochen hat der Kläger nämlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgetragen, dass bereits in einem Gespräch kurz vor Ende des Jahres 2016 – und damit in unverjährter Zeit (s.u.) – zwischen seinem Sohn und der Beklagten die „Ansage“ der Klägerseite getätigt worden sei: „Geld zurück oder einen anderen Traktor“. Dass dabei der Begriff „Rücktritt“ oder „Schadensersatz“ nicht gefallen ist, ist unerheblich. Im Rahmen der gebotenen Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB ergibt sich aus dieser „Ansage“ mit hinreichender Deutlichkeit der Wille, sich vom Vertrage lösen zu wollen.
[Hier formuliert das Gericht nicht ganz sauber. Es prüft einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung und erkennt innerhalb des Schadensersatzes einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus § 346 BGB. Es wird folglich hier nicht klar, ob das Gericht das Urteil nun auf den Schadensersatzanspruch oder auf das Rückgewährschuldverhältnis gem. § 346 BGB stützt. Auch wenn beide Ansprüche nebeneinander anwendbar sind (§ 325 BGB) handelt es sich dennoch um zwei unterschiedliche Schuldverhältnisse. Aus § 281 V BGB folgt der Verweis auf die §§ 346 ff. BGB. Hierzu muss der Gläubiger aber „großen“ Schadensersatz, also Schadensersatz statt der „ganzen Leistung“ verlangen, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind. § 283 I 2 BGB verweist auf § 281 V BGB und erklärt den Schadensersatz statt der ganzen Leistung mit seinem Verweis auf die §§ 346 ff. BGB für anwendbar. Jedoch prüft das Gericht kein Verlangen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung, sondern den konkludent erklärten Rücktritt.]
Damit steht fest, dass K die Rückzahlung des Kaufpreises grundsätzlich verlangen kann.
II. Anspruch teilweise erloschen
Der Anspruch könnte durch hilfsweise erklärte Aufrechnung gem. § 389 BGB in Höhe von 3.074,20 € erloschen sein. Die Aufrechnungserklärung knüpfte B an die Rechtslage, nämlich daran, ob K dem Grunde nach ein Anspruch zusteht. Dies ist hier der Fall. Es handelt sich bei dieser Bedingung nur um eine inner- prozessuale Bedingung, die keine Bedingung im Sinne des § 388 S. 2 BGB darstellt, denn sie knüpft an die Rechtslage an und nicht an einer in der Zukunft liegendes, ungewisses Ereignis. Gem. §§ 387, 390 BGB muss B eine Gegenforderung zustehen. B stehen aus §§ 280 I, II, 286 BGB Ansprüche auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 546,50 € sowie 1.750 € Standgebühren (50,- € pro Monat) zu. Ferner hat B in Höhe von 777,70 € Wertverlust erlitten. Diesen kann er gem. §§ 280 I, III, 281 I 1 Alt. 1 BGB entgegenhalten. Danach bleibt ein Schadensbetrag i.H.v. 3.830,80 € bestehen.
[Zur Aufrechnung §§ 387 ff. BGB: Rechtsfolge: § 389 BGB Voraussetzungen:
- Aufrechnungserklärung: § 388 BGB
- Aufrechnungslage: §§ 387, 390 BGB
- Kein Verbot gem. §§ 392 ff. BGB]
III. Anspruch durchsetzbar
Fraglich ist, ob dem Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 214, 195, 199 BGB die seitens B erhobene Einrede der Verjährung entgegensteht.
[55] Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit Entstehung des Anspruches. Das ist der Fall, wenn er erstmals gerichtlich geltend gemacht werden kann, was folglich sowohl das Entstehen des Anspruchs im materiell-rechtlichen Sinne als auch dessen Fälligkeit bedingt.
[56] Wann das bei Schadensersatzansprüchen statt der Leistung der Fall ist, ist streitig.
[57] Nach einer Auffassung, der ohne weitere Auseinandersetzung mit dem Streitstand auch das Amtsgericht folgt, soll die regelmäßige Verjährung des Schadensersatzanspruches stets zugleich mit derjenigen des Erfüllungsanspruches beginnen, so dass der Gläubiger mit der Verjährung des Erfüllungsanspruches auch das monetäre Erfüllungsinteresse in Gestalt des Schadensersatzes statt der Leistung nicht mehr durchsetzen könne.
[e.A.: Die Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung beginnt zugleich mit der Verjährung des Erfüllungsanspruchs, (Palandt/Ellenberger, BGB § 199 Rn 15; Münch.Komm./Grothe, BGB, § 199 Rn 24]
[58] Nach anderer Auffassung ist der Schadensersatzanspruch dagegen verjährungsrechtlich als eigenständiger Anspruch zu betrachten, der frühestens mit der Pflichtverletzung und ggf. den weiteren Voraussetzungen der §§ 281-283 entsteht.
[a.A.: Die Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung beginnt mit dem Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 281-283 BGB, (BeckOGK/ Riehm, BGB, § 280 Rn 326; Münch.Komm./Ernst, BGB, § 281 Rn 174 jeweils mit Verweis auf BGH, Urteil vom 09.06.1999, VIII ZR 149/98; Staudinger/Schwarze (2014) BGB § 280, Rn G 5).]
[59] Die Kammer schließt sich in Abweichung von der amtsgerichtlichen Entscheidung der letztgenannten Auffassung an. Die Auffassung, die den Schadenersatz statt der Leistung mit dem Leistungsanspruch verjähren lassen will, überzeugt die Kammer nicht. Sie wird – wohl vornehmlich mit Blick auf § 281 BGB – mit der Besorgnis begründet, dass der Gläubiger es sonst in der Hand hätte, durch eine Fristsetzung kurz vor Verjährung des Leistungsanspruches die Verjährungsfrist zu verdoppeln. Diese Möglichkeit besteht aber bei einem Schadensersatz statt der Leistung wegen Unmöglichkeit nicht, denn eine Fristsetzung ist nicht erforderlich und jedenfalls im vor- liegenden Falle, war es die Beklagte, die die Unmöglichkeit der Leistung herbeigeführt hat. Auch hat der Gesetzgeber lediglich den Rücktritt für ausgeschlossen erachtet, wenn der Leistungsanspruch verjährt ist, § 218 BGB. Für Schadensersatzansprüche fehlt es an einer solchen Regelung, ohne dass im Zuge der umfänglichen Neuregelung der Sekundärrechte belastbare Anhaltspunkte dafür bestünden, dass eine entsprechende Regelung für Schadensersatzansprüche statt der Leistung übersehen worden wären, so dass die Anwendungsvoraussetzungen einer Analoge nicht gegeben sind. [61] Der Schadensersatzanspruch verjährte daher grundsätzlich nicht vor Ablauf des 31.12.2019.
[Argument: Im Falle der Unmöglichkeit kann der Gläubiger den Lauf der Verjährungsfrist nicht durch eine Fristsetzung beeinflussen.]
[Argument: § 218 BGB stellt auf die Verjährung des Leistungsanspruchs nur für den Fall des Rücktritts ab.]
[Das Gericht schließt sich der Auffassung an, dass der Schadensersatzanspruch unabhängig vom Erfüllungsanspruch verjährt.]
Damit war der Anspruch am 14.12.2018 noch nicht verjährt.
IV. Einwand der Verwirkung gem. § 242 BGB
Fraglich ist, ob wegen des sehr spät erfolgten Begehrens des Schadensersatzes diesem der Einwand der Verwirkung aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB entgegensteht.
[Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus.]
[62] Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt.
Hier ist K zwar eine lange Zeit untätig geblieben, jedoch war B dem nicht ausgeliefert. B hätte ohne Weiteres sowohl auf Zahlung des Restkaufpreises als auch auf Abnahme klagen können. Außerdem lagen zwischen dem Auskunftsbegehren und dem Schadensersatzbegehren nur ein Jahr, so dass eine Verwirkung auch mangels Zeitmomentes ausgeschlossen erscheint.
B. Ergebnis
K kann von B die Zahlung von 3.830,80 € aus §§ 280 I, III, 283 BGB verlangen.
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