Skip to main content
examensrelevantGewusst

Fall des Monats Januar 2023: Ermessensentscheidung nach § 31 I BauGB vermittelt keinen Drittschutz

By 13. Januar 2023Oktober 10th, 2023No Comments
Fall des Monats

Problem: Ermessensentscheidung nach § 31 I BauGB vermittelt keinen Drittschutz

Einordnung: Baurecht

BVerwG, Urteil vom 29.03.2022 4 C 6/20

EINLEITUNG

Die Feuerwehr ist unbestritten eine zentrale Einrichtung des öffentlichen Lebens – nur möchte nicht jeder sie zum Nachbarn haben. Das zeigt das Urteil des BVerwG, das auf die Klage des Nachbarn eines geplanten Feuerwehrgerätehauses erging. In den Entscheidungsgründen hat das Gericht vor allem das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit geprüft und ist der Frage nachgegangen, ob die Ermessensentscheidung gem. § 31 I BauGB drittschützend ist.

SACHVERHALT

Der Kläger wehrt sich gegen die Baugenehmigung für die Errichtung eines Feuerwehrgerätehauses. Er ist dinglich Berechtigter des angrenzenden Grundstücks. Das Vorhabengrundstück liegt im Bereich eines faktischen allgemeinen Wohngebiets, die nähere Umgebung ist geprägt durch Mehrfamilienhäuser mit Wohnnutzung. In dem geplanten Gerätehaus sollen zwei Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr untergebracht werden. Zudem sind Aufenthalts-, Sozial- und Technikräume geplant. Der Kläger ist der Ansicht, ein Feuerwehrgerätehaus sei im faktischen allgemeinen Wohngebiet nicht gebietsverträglich, da das Ein- und Ausrücken der Einsatzfahrzeuge sowie die An- und Abreise der Einsatzkräfte mit dem Pkw Immissionen auslösten, die zu gebietsunüblichen Störungen führten und Unruhe in das Gebiet brächten. Jedenfalls habe er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme nach § 34 II i.V.m. § 31 I BauGB, um eine drohende schleichende Gebietsveränderung abzuwehren.

Ist der Kläger durch die Baugenehmigung in seinen Rechten verletzt?

[Anm.: Es ist davon auszugehen, dass die Bauaufsichtsbehörde bei der Zulassung des Feuerwehrgerätehauses kein Ermessen ausgeübt hat. Ferner ist zu unterstellen, dass das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt ist.]

LEITSÄTZE

  1. Ein Feuerwehrgerätehaus ist eine Anlage für Verwaltungen im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 3 Bau-NVO.
  2. Ein Feuerwehrgerätehaus, das nach Größe und Ausstattung maßgeblich auch dem effektiven Brandschutz in der näheren Umgebung dient, ist im allgemeinen Wohngebiet gebietsverträglich.
  3. Ein Grundstücksnachbar hat keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme nach § 34 Abs. 2, § 31 Abs. 1 BauGB, § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO.

LÖSUNG

Da der Kläger nicht Adressat der Baugenehmigung ist, kommt für ihn eine Rechtsverletzung nur in Betracht, wenn er sich auf eine drittschützende Norm berufen kann, gegen die verstoßen wurde. Das setzt nach der sog. Schutznormtheorie voraus, dass die einschlägige Vorschrift zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen dient und der Kläger zum geschützten Personenkreis gehört. Hier kommt ein Verstoß gegen § 34 II BauGB i.V.m. § 4 III Nr. 3 BauNVO in Betracht.

Drittanfechtung → drittschützende Norm erforderlich → Schutznormtheorie

§ 34 II i.V.m. § 4 III Nr. 3 BauNVO

1. Drittschützende Wirkung

„Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Durch Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können. In einem faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB besteht ein identischer Nachbarschutz.“

§§ 2-14 BauNVO sind generell drittschützend

Arg.: Bau- und bodenrechtliche Schicksalsgemeinschaft

Folge: Gebietserhaltungsanspruch

Faktisches Baugebiet: Identischer Drittschutz wie im Bereich eines B-Plans wegen des Verweises in § 34 II BauGB.

Da der Kläger zudem dinglich Berechtigter eines Grundstücks im Bereich des faktischen allgemeinen Wohngebiets ist, vermittelt ihm § 34 II BauGB i.V.m. § 4 III Nr. 3 BauNVO Drittschutz.

Nach h.M. sind nur dinglich Berechtigte geschützt und damit klagebefugt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42, Rn 97 m.w.N.).

2. Anlagen für Verwaltungen

Fraglich ist, ob das genehmigte Feuerwehrgerätehaus in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet zulässig ist. In Betracht kommt nur eine ausnahmsweise Zulässigkeit gem. § 34 II BauGB i.V.m. § 4 III Nr. 3 BauNVO.

Verstoß gegen drittschützende Norm?

„“Anlagen für Verwaltungen“ ist ein städtebaurechtlicher Sammelbegriff, der Anlagen und Einrichtungen umfasst, in denen oder von denen aus verwaltet wird, sofern das Verwalten einem erkennbaren selbständigen Zweck dient. § 7 Abs. 2 Nr. 1 und § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, die zwischen Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäuden unterscheiden, machen deutlich, dass Verwaltung i.S.d. § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nicht auf die Erledigung von Verwaltungsaufgaben in Bürogebäuden beschränkt ist. Die ausnahmsweise Zulässigkeit von Anlagen für Verwaltungen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO setzt ausweislich des Wortlauts nicht voraus, dass die jeweilige Anlage der Gebietsversorgung dient. Ein Feuerwehrgerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr ist daher eine Anlage für Verwaltungen in diesem Sinne, nämlich für die Verwaltung des landesrechtlich geregelten Brandschutzes.“

Umschreibung des Begriffs„Anlagen für Verwaltungen“

Systematische Auslegung

Wortlautauslegung

Fazit: § 4 III Nr. 3 BauNVO (+)

3. Erfordernis der Gebietsverträglichkeit

Gleichwohl könnte das Bauvorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sein, indem es gegen das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit verstößt.

Zum Prüfungsaufbau: Dies könnte auch außerhalb des § 4 III Nr. 3 BauNVO als eigener Gliederungspunkt geprüft werden.

„Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt. Das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit bestimmt dabei nicht nur die regelhafte Zulässigkeit, sondern erst recht den vom Verordnungsgeber vorgesehenen Ausnahmebereich. Zwischen der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietstypus und dem jeweils zugeordneten Ausnahmekatalog besteht ein gewollter funktionaler Zusammenhang. Die normierte allgemeine Zweckbestimmung ist daher auch für Auslegung und Anwendung der tatbestandlich normierten Ausnahmen bestimmend.

Inhalt des Erfordernisses der Gebietsverträglichkeit

Herleitung: Abs. 1 der §§ 2-9 BauNVO

Zusammenhang zwischen Erfordernis der Gebietsverträglichkeit und Ausnahmebebauung

Das allgemeine Wohngebiet dient gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen. Es soll nach Möglichkeit ein grundsätzlich ungestörtes Wohnen gewährleisten. Die Gebietsunverträglichkeit beurteilt sich für § 4 BauNVO daher in erster Linie nach dem Kriterium der gebietsunüblichen Störung. Ein Vorhaben ist gebietsunverträglich, wenn es aufgrund seiner„typischen Nutzungsweise“ störend wirkt. Ausgangspunkt und Gegenstand dieser typisierenden Betrachtungsweise ist das jeweils zur Genehmigung gestellte Vorhaben. Entscheidend ist nicht, ob die mit der Nutzung verbundenen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte eingehalten werden. Die geschützte Wohnruhe ist nicht gleichbedeutend mit einer immissionsschutzrechtlichen Lärmsituation. Bei dem Kriterium der Gebietsverträglichkeit geht es um die Vermeidung als atypisch angesehener Nutzungen, die den Wohngebietscharakter als solchen stören.

Anwendung des Erfordernisses des Gebietsverträglichkeit auf § 4 BauNVO

Maßgebliches Kriterium: Gebietsunübliche Störung, nicht hingegen immissionsschutzrechtliche Lärmwerte.

Immissionsschutzrechtliche Lärmwerte sind relevant für die Frage, ob ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vorliegt.

Von dem Feuerwehrgerätehaus geht trotz der Unruhe, die von den gelegentlichen Einsätzen vor allem zur Nachtzeit ausgelöst wird, keine gebietsunübliche Störung aus. Es dient der Beigeladenen [….] zur Erfüllung der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabe des Brandschutzes […]. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BHKG NRW unterhalten die Gemeinden für den Brandschutz und die Hilfeleistung den örtlichen Verhältnissen entsprechend leistungsfähige Feuerwehren als gemeindliche Einrichtungen. Diese Aufgabenzuweisung setzt die Errichtung von Feuerwehrhäusern im Gemeindegebiet gerade in der Nähe der zu schützenden Wohnbebauung voraus. Einer besonders engen Anbindung an das Wohnumfeld bedarf es wegen des Zusammenhangs zwischen Anfahrt- und Ausrückzeiten, wenn die Feuerwehr mit Freiwilligen besetzt wird […]. Zugleich dient das Feuerwehrgerätehaus einem städtebaulichen Belang, nämlich der Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB. Die – ausnahmsweise – Zulässigkeit von Feuerwehrgerätehäusern in einem allgemeinen Wohngebiet ist damit das Ergebnis einer überlegten Städtebaupolitik. […] Ein Feuerwehrgerätehaus, das nach Größe und Ausstattung maßgeblich auch dem effektiven Brandschutz in der näheren Umgebung dient, ist im allgemeinen Wohngebiet daher gebietsverträglich.“

Gehört ein Feuerwehrgerätehaus in ein allgemeines Wohngebiet?

BHKG NRW = Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz NRW

Demnach verstößt das geplante Feuerwehrgerätehaus nicht gegen das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit.

4. Wahrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses

„Dass die in einem Baugebiet der Baunutzungsverordnung nur ausnahmsweise zulässigen Arten Ausnahmen bleiben müssen, legt der Verordnungsgeber durch die in §§ 2 ff. BauNVO beziehungsweise – über § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO – der Bebauungsplan fest. Gleiches gilt nach § 34 Abs. 2 BauGB in einem faktischen Baugebiet. Das Vorliegen einer Ausnahme ist daher tatbestandliche Voraussetzung der Ermessensentscheidung durch die Genehmigungsbehörde. Ein Vorhaben, dessen Zulassung das Regel-Ausnahme-Verhältnis beseitigt, darf die Behörde auch im Ermessenswege nicht zulassen. Ein Nachbar kann kraft seines Gebietserhaltungsanspruchs die Wahrung dieses Regel- Ausnahmeverhältnisses verlangen. Denn er hat einen Anspruch darauf, dass die regelhaft zulässigen Nutzungsarten ihre prägende Wirkung behalten und keine Gemengelage oder ein anderes Baugebiet entsteht.

Ausnahme darf nicht zur Regel werden: Begrenzt bereits den Tatbestand des § 4 III BauNVO, ist also nicht erst i.R.d. Ermessens zu prüfen.

Drittschützende Wirkung

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts […] wird die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks durch Mehrfamilienhäuser mit Wohnnutzung geprägt. Auch die daneben vorhandenen Nutzungen stellen sich überwiegend als in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO regelhaft zulässige Nutzungsarten dar. Anhaltspunkte dafür, dass die Zulassung des streitgegenständlichen Vorhabens das nach § 34 Abs. 2 BauGB maßgebliche Regel-Ausnahmeverhältnis des § 4 BauNVO stören könnte, bestehen daher nicht.“

Verstoß (-)

5. Ermessensfehler

Die Bauaufsichtsbehörde hat bei der Zulassung des Feuerwehrgerätehauses kein Ermessen ausgeübt und somit ermessensfehlerhaft gehandelt. Fraglich ist, ob sich der Kläger auf diesen Rechtsverstoß berufen kann, ob die Ausübung des behördlichen Ermessens gem. § 31 I BauGB i.V.m. § 4 III Nr. 3 BauNVO drittschützend ist.

Problem: Vermittelt § 31 I BauGB auf der Rechtsfolgenseite Drittschutz?

§ 31 Abs. 1 BauGB ist nicht aus sich heraus drittschützend. Der Drittschutz reicht im Falle einer Ausnahme daher nicht weiter, als die Festsetzung, von der die Ausnahme gemacht wird, ihn vermittelt. Wie dargelegt, vermitteln Gebietsfestsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. §§ 2 ff. BauNVO Planbetroffenen im Baugebiet einen Rechtsanspruch auf Bewahrung der Gebietsart. Über § 34 Abs. 2 BauGB gilt in faktischen Baugebieten ein identischer Schutz. Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung der Ausnahme folgt hieraus nicht. Denn bei Vorliegen der tatbestandlichen Ausnahmevoraussetzungen der § 34 Abs. 2, § 31 Abs. 1 BauGB, § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO ist bereits sichergestellt, dass das zugelassene Vorhaben den Gebietscharakter unangetastet lässt. Zudem beruht der Gebietserhaltungsanspruch auf dem Gedanken eines wechselseitigen Austauschverhältnisses: Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen, und zwar unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung. An dieser gebietsweiten Wechselseitigkeit fehlt es aber bei der Ermessensentscheidung über die Ausnahme. Die Grundentscheidung für die regelhafte und ausnahmsweise Zulässigkeit ist bereits getroffen und darf durch die Behörde nicht aus Erwägungen, die für das gesamte Gebiet Geltung beanspruchen, im Ermessenswege geändert werden. Bei der Ermessensentscheidung der Behörde spielen daher regelmäßig Fragen des konkreten Grundstücks und seiner Situation eine Rolle, so dass es an einem wechselseitigen Austauschverhältnis unter den Grundeigentümern fehlt.

Nein

Zentrale Argumente (insbesondere fehlt das gebietsweite wechselseitige Austauschverhältnis)

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Senats zu § 31 Abs. 2 BauGB. Danach muss bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung des Bebauungsplans jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung führen. Die Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB und die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB sind insofern aber nicht vergleichbar. Die Ausnahme ist planimmanent, es besteht eine das Ermessen begrenzende Grundentscheidung für die ausnahmsweise Zulässigkeit. Bei der Befreiung wird hingegen an die Stelle der festgesetzten eine konkrete andere bebauungsrechtliche Ordnung gesetzt und damit im Rahmen der Ermessensentscheidung ein anderer Interessensausgleich vorgenommen. […]“

Problem: Bei § 31 II BauGB ist die Ermessensausübung drittschützend

Aber: § 31 I und § 31 II BauGB sind nicht vergleichbar

Somit ist der Kläger durch die Baugenehmigung nicht in seinen Rechten verletzt.

FAZIT
Absolut zentrale Bedeutung haben unter Examensgesichtspunkten die Ausführungen des BVerwG zur (fehlenden) drittschützenden Wirkung der Ermessensausübung im Rahmen des § 31 I BauGB. Die Überlegungen des Gerichts verdeutlichen sehr schön den Grund für den generell drittschützenden Gebietserhaltungsanspruch, aber auch dessen Grenzen. Für ein tieferes Verständnis des § 31 BauGB und seiner drittschützenden Wirkung ist vor allem die Differenzierung zwischen der Ausnahme nach § 31 I BauGB und der Befreiung nach § 31 II BauGB am Ende des Urteils wichtig.
Weiterer examensrelevanter Schwerpunkt der Entscheidung sind die Ausführungen zum ungeschriebenen Erfordernis der Gebietsverträglichkeit, das vom BVerwG als Begrenzung des § 31 I BauGB aufgefasst wird, alternativ aber auch erst nach der Prüfung des § 31 I BauGB angesprochen werden könnte. Das Gericht stellt nochmals klar, was es inhaltlich unter dem Erfordernis der Gebietsverträglichkeit versteht, nämlich eine abstrakte Betrachtung, bei der geprüft wird, ob eine bauliche Anlage per se nicht in einem bestimmten Baugebiet realisiert werden darf.
Das Gebot der Rücksichtnahme spielte bei Revisionsentscheidung des BVerwG keine Rolle, war aber umfangreich von der Berufungsinstanz geprüft worden.

OVG Münster, Urteil vom 23.09.2019, 10 A 1114/17

RA – Rechtsprechungs-Auswertung
für Studierende und Referendare

In der monatlich erscheinenden Ausbildungszeitschrift „RA“ von Jura Intensiv werden examensrelevante Urteile prüfungsorientiert aufbereitet.

Ob im Abo, als Print- oder Digitalversion – mit der RA bist Du immer über die aktuellsten Entscheidungen informiert.

JurCase Mietangebot für dein
Zweites Staatsexamen

Für alle Bundesländer bietet JurCase die zugelassenen Hilfsmittel auf Basis der Prüfungsordnung der jeweiligen Bundesländer zur Miete an.

Du kannst je nach Bedarf nur die Examenskommentare, nur die Gesetzestexte oder das Kombi-Paket mit allen Kommentaren und Gesetzestexten bei JurCase mieten.

Hat dir der Beitrag gefallen?

Beitragsautor:

Jura Intensiv

Jura Intensiv

Jura Intensiv bietet bundesweit Examensvorbereitung für das Erste und Zweite Staatsexamen an. In Kooperation mit JurCase präsentiert Jura Intensiv bei uns monatlich den Fall des Monats. Mehr Informationen zu Jura Intensiv gibt es hier.

Alle Beiträge von Jura Intensiv ansehen